In diesem Seminar wollen wir uns im Anschluss an Michel Foucaults Konzept der »Sorge um sich« – die eine Sorge um andere immer auch einschließt – mit zeitgenössischen Techniken und Medien ästhetischer Subjektivierung beschäftigen. Foucaults Projekt einer Genealogie des Subjekts orientiert sich an »Techniken des Selbst«, mit denen ein*e Einzelne*r versucht, eine Änderung des Denkens und der Existenzweise herbeizuführen. Es sind historische Praktiken der Meditation bzw. der „Geistigen Übungen“, die laut Foucault am Beginn der Philosophie stehen. Unser Seminar fokussiert Potentiale in Foucaults Analyse, mit dem Begriff der Techniken des Selbst die Medialität solcher ästhetischer Übungen in den Vordergrund zu rücken. Hat Foucault im Feld der klassischen antiken Philosophie insbesondere Techniken des Über-sich-selbst-Schreibens im Blick gehabt, interessieren uns neue Formen der medialen Selbstdokumentation und der Aufzeichnung, sowie deren ästhetische und historische Dimensionen. Hier geht es um Ansätze medialer Meditationen und Therapeutiken, die den Gebrauch von Kameras und Tonrecordern, Screens und Kopfhörern einschließen, um ein Sich-Ausschreiben in Blogs und um Kunst, die Heilung in Aussicht stellt. In den letzten Jahren sind auch im Bereich der Theorie neue Anschlussstellen für ein zeitgenössisches Konzept von Sorge erprobt worden. Neben der sozialwissenschaftlichen Debatte um „Sorgearbeit“ hat insbesondere die Queer Theory begonnen, einen Begriff von Sorge produktiv zu machen (Isabell Lorey). Die Perspektiven eint, dass sie die Frage nach der Sorge radikal als Frage nach der Möglichkeit des Zusammenlebens und der Sozialität stellen.

In unserem Blockseminar wollen wir uns nach einer theoretischen Einführung in Konzepte und Theorien der Sorge und der Beschäftigung mit ausgewählten medienmaterialistischen Positionen verschiedenen medialen Gegenständen widmen: literarischen, filmischen, auditiven und szenischen. Mögliche Materialien können sein: Pauline Oliveros »Deep Listening« als mediale Meditation, Claudia Rankines »Citizen – An American Lyric« als autobiographische literarische Technik, die Erfahrungen und Subjektivierungsweisen aus der Perspektive einer Afro-Amerikanerin in Kombination mit einem Videoprojekt dokumentiert, oder auch Donna Haraway Subjektivierungspolitik der Koexistenz. Christoph Schlingensiefs spätmodernes Projekt, Kunst als Medium der Heilung seiner eigenen wie einer zivilisatorischen Krankheit zu entdecken, das ihn ausgerechnet nach „Afrika“ und Bayreuth führte, kann unter dem Begriff der Sorge etwa gegenüber Hubert Fichtes „Ethnopoesie“ kontrastiert werden.


Semester: SoSe 2025