Zu Beginn dieses Kapitels haben wir die aus der Schule bekannten natürlichen, ganzen, rationalen und reellen Zahlen kurz angesprochen. Ihre "Erfindung" verdanken sie oft dem Wunsch, bestimmte Gleichungen lösen zu können, beispielsweise ist die Gleichung

5+x=2

in \(\mathbb {N}\) nicht lösbar, wohl aber in \(\mathbb{Z}\). Die Gleichung

\(7x+2=4\)

wiederum hat weder in \(\mathbb{N}\) noch in \(\mathbb{Z}\) eine Lösung. Um diese Gleichung zu lösen muss man Bruchzahlen einführen. Bruchzahlen reichen aber nicht aus, um beispielsweise quadratische Gleichungen wie

\( x^2=3 \)

zu lösen, es stellt sich überraschenderweise heraus, dass es Bruchzahlen gibt, deren Quadrat sehr nahe bei 3 liegt (so nahe wie man möchte, also zum Beispiel Bruchzahlen q mit \( 2,99999999999\leq q^2\leq 3,0000000001\), aber dass für keine Bruchzahl q das Quadrat \(q^2\) genau 3 ist. Allerdings lassen sich nicht einmal alle quadratischen Gleichungen in \(\mathbb {R}\) lösen, selbst so einfach aussehende Gleichungen wie

\(x^2 = -1\)

besitzen keine reelle Lösung. Aus diesem Grund führt man eine weitere Menge von Zahlen ein, die komplexen Zahlen . Es genügt dabei, für \(\sqrt {-1}\) das neue Symbol i, die imaginäre Einheit , zu "‘erfinden"’, so dass also \(i^2=-1\) ist. Mit Zahlen der Form \(a+bi\) kann man dann wie gewohnt rechnen, wobei man nur beachten muss, dass man \(i^2\) durch \(-1\) ersetzen darf.

Definition (komplexe Zahlen):

Eine komplexe Zahl ist eine Zahl der Form \(z=a+b\cdot i\) mit \(a,b\in \mathbb {R}\). Man nennt \(a\) den Realteil von \(z\), geschrieben \(a=\mathrm{Re}\, z\) und \(b\) den Imaginärteil von \(z\), geschrieben \(b=\mathrm{Im}\, z\).

Für zwei komplexe Zahlen \(z=a+b\cdot i\) und \(w=c+d\cdot i\) definiert man

\( \begin{array}{rcl} z+w&=&a+c+i\cdot(b+d)\text{ (Real- und Imaginärteil getrennt addieren) }\\ z-w&=&a+c+i\cdot(b+d)\\ z\cdot w& =& ac-bd+i\cdot(ad+bc)\\\displaystyle\frac{z}{w}&=&\displaystyle\frac{ac+bd+(bc-ad)i}{c^2+d^2} \end{array} \)

Die Menge aller komplexen Zahlen bezeichnen wir mit \(\mathbb {C}\) (vom Englischen complex )

Achtung! Der Imaginärteil einer komplexen Zahl ist reell!

Beispiel:

\(\begin{array}{rcl}
\mathrm{Re} (2-3i) & = & 2 \\ \mathrm{Im} (2-3i) & = & -3 \\ (2-3i) + (3+ i) & = & 5 -2i \\ (2-3i)(3+i) & =& 2\cdot 3-3i\cdot 3+2\cdot i-3i\cdot i\\ &= & 6-9i+2i-3\cdot i^2 \\ & = & 6-7i-3\cdot (-1)=9 -7i
\end{array}\)

Du kannst Dich hier direkt selber testen und ein paar Aufgaben dazu lösen:

Gäste haben keine Berechtigung, mit eingebetteten Fragen zu interagieren.

So wie man sich die reellen Zahlen als Punkte auf einer Geraden vorstellen kann, kann man die komplexen Zahlen als Punkte in der Ebene auffassen. Der Realteil entspricht der x-Koordinate, der Imaginärteil der y-Koordinate. Die Addition von komplexen Zahlen wird dann wie die Vektoraddition im \(\mathbb{R}^2\) durchgeführt, die wir demnächst kennenlernen.

Applet: Komplexe Addition

Die Addition von komplexen Zahlen lässt sich geometrisch veranschaulichen durch das Aneinanderkleben von Pfeilen ähnlich wie bei der Vektoraddition.

Ändert man eine der Zahlen, dann ändert sich im Applet automatisch auch die Summe.

Stellen Sie beispielsweise die Summe \((2+2i)+(-1+i)\) dar.


Die Rechenregeln für Multiplikation und Division von komplexen Zahlen versteht man besser, wenn man die folgenden Zwischenschritten durchführt und dabei an die Gleichung \(i^2=-1\) denkt:

\((a+ib)\cdot(c+id)=ac+i(ad+bc)+\underbrace{i^2}_{=-1}(bd)=ac-bd+i(ad+bc)\)

und

\(\displaystyle\frac{a+ib}{c+id}=\displaystyle\frac{(a+ib)(c-id)}{(c+id)(c-id)}=\displaystyle\frac{ac+i(bc-ad)-i^2bd}{c^2-c(id)+(id)c-i^2d^2}=\displaystyle\frac{ac+bd+(bc-ad)i}{c^2+d^2}\)


Die letzte Rechnung ist ganz ähnlich wie das "Rationalmachen von Nennern", bei dem man gebrochene Ausdrücke so umformt, dass im Nenner keine Wurzeln mehr vorkommen.

Zuletzt geändert: Donnerstag, 27. Februar 2025, 10:09