Kapitel 7: Eigenwerte und Eigenvektoren

7.1 Eigenwerte und Eigenvektoren

Wenn wir eine \(n\times n\)-Matrix \(A\) als eine Abbildung auffassen (also als eine "‘Maschine"’ oder "‘black box"’, die aus jedem Vektor \(\vec{x}\in \mathbb {R}^n\) einen anderen Vektor \(A\vec{x}\in \mathbb {R}^n\) macht), dann wird der "‘Output-Vektor"’ \(A\vec{x}\) typischerweise in eine andere Richtung zeigen wie der Vektor \(\vec{x}\) selbst. Für einige spezielle Vektoren wird jedoch \(\vec{x}\) parallel zu \(A\vec{x}\) sein. Diese spielen eine besondere Rolle.

Definition (Eigenwert):

Sei \(A\) eine \(n\times n\)-Matrix. Eine komplexe Zahl \(\lambda \in \mathbb {C}\) heißt Eigenwert von \(A\), wenn es einen Vektor \(\vec{v}\in \mathbb{C}^n\) mit \(\vec{v}\neq 0\) gibt, so dass

\(A\vec{v}=\lambda\vec{v}.\)

Den Vektor \(\vec{v}\) nennt man dann Eigenvektor von \(A\) zum Eigenwert \(\lambda \).

Es erscheint auf den ersten Blick etwas seltsam, dass man nun plötzlich komplexe Zahlen und komplexe Vektoren betrachtet. Der Grund dafür ist, dass man ohne diese Sichtweise in vielen Fällen wesentliche Eigenschaften der Matrix nicht erfassen kann. Rein rechnerisch ist das Ganze kein echtes Problem: eine reelle Matrix kann man immer als eine komplexe Matrix auffassen, deren Koeffizienten eben zufällig reell sind. Abgesehen davon sind die Rechenregeln für komplexe Matrizen genau dieselben wie für reelle Matrizen.

Bemerkung :

Wichtig!!! Der Nullvektor ist niemals der einzige Eigenvektor zu einem Eigenwert!

Wenn ein Vektor \(\vec{v}\) Eigenvektor von \(A\) zum Eigenwert \(\lambda \) ist, dann ist auch jeder Vektor \(c\vec{v}\) mit \(c\in \mathbb{R}\setminus \{ 0\} \) ein Eigenvektor von \(A\) zum Eigenwert \(\lambda \).

Beispiel :
Sei \(A=\left(\begin{array}{rr} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{array}\right)\). Dann sind \({\lambda }_1=-1\) und \({\lambda }_2=1\) Eigenwerte von \(A\), denn

\(A\,\left(\begin{array}{r}1\\-1\end{array}\right)=\left(\begin{array}{r}-1\\1\end{array}\right)=(-1)\cdot\left(\begin{array}{r}1\\-1\end{array}\right)\;\;\text{und}\;\;A\,\left(\begin{array}{r}1\\1\end{array}\right)=1\cdot\left(\begin{array}{r}1\\1\end{array}\right)\)

Beispiel :
Für die Matrix \(C=\left(\! \begin{array}{rrr} 3 & 1 & 1 \\ -2 & 2 & 0 \\ 2 & 1 & 3 \end{array}\! \right)\) ist \({\lambda }= 3\) ein Eigenwert von \(C\) mit Eigenvektor \(\vec{v}= \left(\! \begin{array}{r} 1 \\ -2 \\ 2\end{array}\! \right)\)

\(C\,\left(\!\begin{array}{r}1\\-2\\2\end{array}\!\right)=\left(\begin{array}{rrr}3&1&1\\-2&2&0\\2&1&3\end{array}\right)\left(\begin{array}{r}1\\-2\\2\end{array}\right)=\left(\begin{array}{r}3\\-6\\6\end{array}\right)=3\cdot\left(\begin{array}{r}1\\-2\\2\end{array}\right).\)

Geogebra-Applet: Eigenwerte anschaulich


Suchen Sie die Eigenvektoren der angegebenen Matrix durch Verändern des Vektors \(\vec{x}\). Die Matrix besitzt zwei verschiedene Eigenwerte.


Für einige geometrische Abbildungen kennen wir schon Eigenvektoren und Eigenwerte: Bei einer Drehung um die Achse \(\vec{a}\) zum Beispiel bleiben der Vektor \(\vec{a}\) und alle Vielfachen von \(\vec{a}\) unverändert. Es handelt sich daher um Eigenvektoren zum Eigenwert \(\lambda =1\). Ähnlich ist es bei einer Spiegelung an einer Ebene E. Der Normalenvektor \(\vec{n}\) von E wird auf \(-\vec{n}\) abgebildet, ist also ein Eigenvektor zum Eigenwert \(\lambda =-1\).

Reelle Eigenwerte sind anschaulich etwas leichter zu fassen als komplexe Eigenwerte: Falls \(\lambda \in \mathbb{R}\) ein Eigenwert von \(A\) ist und \(\vec{v}\) ein dazugehöriger Eigenvektor, dann bedeutet dies, dass \(A\vec{v}\) dieselbe Richtung hat wie \(\vec{v}\), nur die Länge hat sich um den Faktor \(\lambda\) geändert. Falls \(\lambda <0\) ist, dann zeigt \(A\vec{v}\) in die entgegengesetzte Richtung wie \(\vec{v}\). Komplexe Eigenwerte haben dagegen oft etwas mit Rotationen zu tun, aber das werden wir erst am Ende dieses Kapitels genauer untersuchen.

Ultime modifiche: venerdì, 25 gennaio 2019, 15:39