5.5 Abbildungen und Matrizen

Viele der aus der Schule bekannten geometrischen Abbildungen wie Spiegelungen, Drehungen und Streckungen kann man in Koordinaten durch die Multiplikation mit geeigneten Matrizen darstellen.

In der Computergraphik wird das beispielsweise dazu benutzt, um Objekte in einer "einfachen" Ansicht zu konstruieren und dann mittels Matrizen in die gewünschte Position zu transformieren.

Spiegelungen und Drehungen

Bei der Spiegelung eines Punkte \(P=(x,y)\) an der \(x\)-Achse bleibt die \(x\)-Koordinate unverändert, während die \(y\)-Koordinate ihr Vorzeichen wechselt. Die Koordinaten des Bildpunktes sind also

\(x’=x\;\;\;\;\;\;y’=-y\)

und man kann dies mit Hilfe einer Matrix in der Form

\(\left(\begin{array}{r}x’\\y’\end{array}\right)=\left(\begin{array}{rr}1&0\\0&-1\end{array}\right)\left(\begin{array}{r}x\\y\end{array}\right)\;\;\text{beziehungsweise}\;\;\vec{x}’=S_x\vec{x}\)

schreiben. Genauso kann man eine Spiegelung an der \(y\)-Achse durch

\(\left(\begin{array}{r}x’\\y’\end{array}\right)=\left(\begin{array}{r}-x\\y\end{array}\right)=\left(\begin{array}{rr}-1&0\\0&1\end{array}\right)\left(\begin{array}{r}x\\y\end{array}\right)\;\;\text{beziehungsweise}\;\;\vec{x}’=S_y\vec{x}\)

darstellen. Bei einer Punktspiegelung am Ursprung wechseln beide Koordinaten ihr Vorzeichen, wir können Sie daher durch

\(\left(\begin{array}{r}x’\\y’\end{array}\right)=\left(\begin{array}{rr}-1&0\\0&-1\end{array}\right)\left(\begin{array}{r}x\\y\end{array}\right)\;\;\text{beziehungsweise}\;\;\vec{x}’=P_0\vec{x}\)

beschreiben. Geometrisch kann man die Punktspiegelung auch als Hintereinanderausführung der beiden Achsenspiegelungen erhalten und tatsächlich ist auch

\(P_0=S_x S_y = S_y S_x.\)

Eine Drehung um den Koordinatenursprung lässt sich ebenfalls durch eine Matrix beschreiben. In der nachfolgenden Skizze wird der Punkt \(P=(x,y)\) mit einer Drehung um den Winkel \(\varphi \) um den Ursprung in den Punkt \(P’=(x’,y’)\) überführt. Dabei ändert sich der Abstand \(r\) zum Ursprung nicht. Aus diesem Grund ist \((x,y)=(r\cos (\alpha ),r\sin (\alpha ))\) und \((x’,y’)=(r\cos (\alpha +\varphi ),r\sin (\alpha +\varphi ))\).

Mit Hilfe der Additionstheoreme ergibt sich daraus

\(\left(\!\begin{array}{r}x’\\y’\end{array}\!\right)\!=\!\left(\!\begin{array}{r}r\cos(\alpha+\varphi)\\r\sin(\alpha+\varphi)\end{array}\!\right)\!=\!\left(\!\begin{array}{r}r\cos(\alpha)\cos(\varphi)-r\sin(\alpha)\sin(\varphi)\\r\sin(\alpha)\cos(\varphi)+r\cos(\alpha)\sin(\varphi)\end{array}\!\right)\!=\!\left(\!\begin{array}{rr}\cos(\varphi)&-\sin(\varphi)\\\sin(\varphi)&\cos(\varphi)\end{array}\!\right)\left(\!\begin{array}{r}x\\y\end{array}\!\right)\)

oder in Kurzform

\(\vec{x}’=D_{\varphi}\vec{x}\;\;\text{mit}\;\;D_{\varphi}=\left(\begin{array}{rr}\cos(\varphi)&-\sin(\varphi)\\\sin(\varphi)&\cos(\varphi)\end{array}\right).\)

Wieder etwas einfacher als die Drehungen lassen sich Verschiebungen (Translationen) beschreiben. Einer Verschiebung \(T_{\vec{a}}\) um den Vektor \(\vec{a}\) entspricht gerade die Addition dieses Vektors.

Um Drehungen um einen beliebigen Punkt \(Q\) zu beschreiben, kann man beide Typen von Abbildungen kombinieren: Wenn \(\vec{q}\) der Ortsvektor von \(Q\) ist, dann wird durch die Abbildung \(T_{-\vec{q}}\) mit \(\vec{x}’=\vec{x}-\vec{q}\) der Punkt \(Q\) in den Ursprung verschoben. Nun kann man eine Drehung \(D_{\varphi }\) mit der oben berechneten Drehmatrix durchführen, so dass \(\vec{x}”=D_{\varphi }\vec{x}’\) der gedrehte Vektor ist und anschließend durch die Verschiebung \(T_{\vec{q}}\) den Ursprung wieder an seine ursprüngliche Position zurückbefördern. Zusammengesetzt ergibt dies die Abbildung

\(\vec{x}”’=\vec{x}”+\vec{q}=D_{\varphi}\vec{x}’+\vec{q}=D_{\varphi}(\vec{x}-\vec{q})+\vec{q}=D_{\varphi}\vec{x}+\vec{q}-D_{\varphi}\vec{q}\)

Auf ähnliche Weise kann man auch Spiegelungen an einer beliebigen Achse beschreiben. Wir führen die Konstruktion hier für Achsen, die durch den Ursprung verlaufen vor, für Achsen, die nicht durch den Ursprung verlaufen, muss man zusätzlich noch eine Verschiebung durchführen.

Will man eine Spiegelung an der Geraden \(g\), die durch den Ursprung führt und den Richtungsvektor \((\cos (\alpha ),\sin (\alpha ))\) besitzt mit Hilfe einer Matrix beschreiben, so führt man die Spiegelachse durch eine Drehung \(D_{-\alpha }\) in die \(x\)-Achse über, führt dann die Spiegelung \(S_ x\) durch und dreht anschließend mit \(D_{\alpha }\) wieder zurück.

Damit ergibt sich \(\vec{x}’=D_ g \vec{x}\) mit

\(D_g=D_{\alpha}S_xD_{-\alpha}=\begin{pmatrix}\cos(\alpha)&-\sin(\alpha)\cr\sin(\alpha)&\cos(\alpha)\end{pmatrix}\begin{pmatrix}1&0\cr 0&-1\end{pmatrix}\begin{pmatrix}\cos(-\alpha)&-\sin(-\alpha)\cr\sin(-\alpha)&\cos(-\alpha)\end{pmatrix}\)

Nach dem Ausmultiplizieren lässt sich das mit Hilfe von Additionstheoremen vereinfachen zu

\(D_g=\begin{pmatrix}\cos\left( 2\,\alpha\right) & \sin\left( 2\,\alpha\right) \cr \sin\left( 2\,\alpha\right) & -\cos\left( 2\,\alpha\right) \end{pmatrix} \)

Abbildungen im \(\mathbb {R}^3\)

Im \(\mathbb {R}^3\) gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, Spiegelungen durchzuführen:

  1. Punktspiegelung in \(O\), beschrieben durch die Matrix \(\left(\! \begin{array}{ccc} -1 & 0 & 0 \\ 0 & -1 & 0 \\ 0 & 0 & -1 \end{array}\! \right)\)

  2. Geradenspiegelungen, z.B. an der \(x_1\)-Achse, beschrieben durch die Matrix \(\left(\! \begin{array}{ccc} 1 & 0 & 0 \\ 0 & -1 & 0 \\ 0 & 0 & -1 \end{array}\! \right)\) und

  3. Ebenenspiegelungen, zum Beispiel an der \(x_1\)-\(x_2\)-Ebene, beschrieben durch \(\left(\! \begin{array}{ccc} 1 & 0 & 0 \\ 0 & 1 & 0 \\ 0 & 0 & -1 \end{array}\! \right)\)

Anregung:
Wie sehen die Matrizen für eine Ebenenspiegelung an der \(x_2\)-\(x_3\)-Ebene oder an der \(x_1\)-\(x_3\)-Ebene aus? Wie könnte man prinzipiell vorgehen, um eine Matrix bestimmen, die die Ebenenspiegelung an einer beliebigen Ebene durch den Ursprung beschreibt?

Bei den Drehungen um die Koordinatenachsen bleibt immer diese Koordinate unverändert. Es ergeben sich daher die Drehmatrizen

  • \(\left(\! \begin{array}{ccc} 1 & 0 & 0 \\ 0 & \cos (\omega) & - \sin (\omega) \\ 0 & \sin (\omega) & \cos (\omega) \end{array}\! \right)\) für die Drehung um die \(x_1\)-Achse,

  • \(\left(\! \begin{array}{ccc} \cos (\omega) & 0 & \sin (\omega) \\ 0 & 1 & 0 \\ -\sin (\omega) & 0 & \cos (\omega) \end{array}\! \right)\) für die Drehung um die \(x_2\)-Achse und

  • \(\left(\! \begin{array}{ccc} \cos (\omega) & - \sin (\omega) & 0 \\ \sin (\omega) & \cos (\omega) & 0 \\ 0 & 0 & 1 \end{array}\! \right)\) für die Drehung um die \(x_3\)-Achse

Man könnte vermuten, dass die Vorzeichen bei der Drehung um die \(x_2\)-Achse versehentlich vertauscht wurden. Das ist aber nicht der Fall, denn schaut man entgegen der positiven \(x_2\)-Achse auf die \(x_1\)-\(x_3\)-Ebene, dann bilden die \(x_1\)- und die \(x_3\)-Achse dort ein Linkssystem. Dies führt dann zu den anderen Vorzeichen.

Anregung:
Ist das Ergebnis dasselbe, wenn man zuerst eine Drehung um den Winkel \(\alpha \) um die \(x_1\)-Achse und dann um den Winkel \(\beta \) um die \(x_2\)-Achse ausführt oder zuerst die Drehung um die \(x_2\)-Achse und dann um die \(x_1\)-Achse?

Beispiel (Rotationen eines Flugzeugs):
Die Drehungen um die Hauptachsen eines Flugzeugs haben in der Navigation eigene Bezeichnungen:
  • Rollen (engl. to roll ) ist die Drehung um die Längsachse des Rumpfes

  • Nicken (engl. to pitch ) ist fast selbsterklärend und

  • Gieren (engl. to yaw ) bezeichnet eine Drehbewegung um die vertikale Achse

Figures/flugzeugrotationen

Daneben gibt es noch weitere lineare Abbildungen, die von geometrischer Bedeutung sind, zum Beispiel zentrische Streckungen oder Scherungen.

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Última modificación: viernes, 14 de junio de 2019, 00:39