Eine nützliche Eigenschaft der natürlichen Zahlen besteht darin, dass man sie der Reihe nach angeben kann. Das beruht darauf, dass es

  • eine kleinste natürliche Zahl gibt (die Zahl "Eins") und

  • jede natürliche Zahl genau einen Nachfolger hat.

Darauf lässt sich eine Argumentationsmethode aufbauen, die zum Beispiel geeignet ist, Summenformeln allgemein nachzuweisen.

Beispiel: Die Summe ungerader Zahlen

Betrachtet man die Abfolge

  • 1 = 1

  • 1+3 = 4

  • 1+3+5= 9

  • 1+3+5+7 = 16

  • 1+3+5+7+9 = 25,...

dann könnte man auf die Idee kommen, dass sich auf der rechten Seite die Folge der Quadratzahlen ergibt.

Bemerkung:

Diese Summe der ungeraden Zahlen taucht in der Chemie bei den Quantenzahlen eines Elektrons vor. Bei einer Hauptquantenzahl \(n\) kann die Nebenquantenzahl \(\ell\) die \(n\) Werte \(0,1,\ldots,n-1\) annehmen und die Magnetquantenzahl die \(2\ell+1\) Werte \(-\ell,-\ell+1,\ldots,-1,0,1,\ldots,\ell-1,\ell\).
Bei einer festen Hauptquantenzahl \(n\) gibt es daher \(1+3+\ldots+(2n+1)\) verschiedene Kombinationen von Neben- und Magnetquantenzahl.

In Formeln ausgedrückt führt das zu folgender

Vermutung: \(1+3+5+7+\dots + (2n-1)= n^2 \)

Dass diese Gleichung für alle n korrekt ist, ergibt sich noch aber nicht wirklich aus der obigen Rechnung für n=1,2,3,4,5. Es könnte ja sein, dass die vermutete Formel für n=6 (oder für n=86442783214233) plötzlich nicht mehr stimmt.

Man hat also zwar eine gute Idee für eine allgemeine Summenformel, aber (zumindest als mathematisch sensibler Mensch) auch ein Problem, denn man kann schließlich die Gleichung niemals für alle n nachrechnen, um sicherzugehen, dass die Vermutung wirklich immer stimmt.

Nebenbei haben wir noch einen kleinen Trick benutzt. Um eine beliebige ungerade Zahl darzustellen, haben wir den Ausdruck \(2n-1\) benutzt. Man sieht sofort ein, dass dieser immer eine ungerade Zahl liefert, egal welche natürliche Zahl \(n\) man einsetzt. Umgekehrt kann man für jede ungerade Zahl \(u\) eine natürliche Zahl \(n\) finden, so dass \(u=2n-1\) ist, nämlich \(n=\frac{u+1}{2}\). Weil \(u+1\) eine gerade Zahl ist, lässt sie sich durch \(2\) teilen.

Analog kann man mit dem Ausdruck \(2n\) und \(n\in \mathbb {N}\) alle geraden Zahlen darstellen.

Mit einer Art "‘Dominoprinzip"’ kann man eine solche Aussage trotzdem für alle natürlichen Zahlen nachweisen, obwohl man sie ja (aus Zeit- oder sonstigen Gründen) niemals für alle natürlichen Zahlen einzeln nachprüfen kann.

Mehr zu diesem Dominoprinzip
Last modified: Thursday, 13 February 2025, 4:52 PM