Bohren zählt zu den ältesten und am häufigsten angewendeten Fertigungstechniken. Allerdings haben neue Materialien und Anwendungen die Anforderungen an den Bohrprozess deutlich gesteigert. Insbesondere die Bearbeitung von schwer zerspanbaren Materialien wie Inconel 718 erfordern äußerst effektive Kühlung und Schmierung. Ohne diese Komponenten ist das Bohren in solchen Materialien schlichtweg nicht möglich. Kleine Bohrdurchmesser und eine lange Bohrtiefe lassen nur eine interne, durch den Bohrer zugeführte Schmierung zu. Somit kommt nur die Minimalmengenschmierung (MMS) in betracht. Diese nutzt Druckluft, um gerrnge Mengen Schmieröl durch schmale Kühlkanäle im Bohrer bis zur Schneidkante zu befördern. Allerdings hat Luft nur eine unzureichende Kühlwirkung und so versagen Wärmeableitung und Späneabfuhr. Besonders bei hohen Drehzahlen, wie sie für kleine Bohrdurchmesser erforderlich sind, besteht zudem das zusätzliche Risiko, dass die Spindel sich wie eine Zentrifuge verhält und das Öl von der Luft trennt. Der schwerere Schmierstoff kann sich in der Spindel mit größerem Durchmesser ansammeln, was die Schmierwirkung erheblich beeinträchtigen kann.

 

Die kryogene Minimalmengenschmierung (kMMS) unter Verwendung einer Mischung aus Öl und flüssigem CO2 bietet einen vielversprechenden Ansatz, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Sobald das CO2 mit etwa 1 Gew.-% gelöstem Schmierstoff die Kapillaren im Bohrer passiert, fällt der Druck rapide auf atmosphärisches Niveau ab. Infolgedessen dehnt sich das CO2 aus und verwandelt sich in rückstandsfreies Gas und Trockeneis mit einer Temperatur von etwa -78,4 °C. Diese Umwandlung setzt ein erhebliches Kühlpotenzial frei, und das zuvor gelöste Öl bildet kleine Tröpfchen, die eine effektive Schmierung gewährleisten.

Mehrere Experimente mit verschiedenen Ölen und CO2 haben gezeigt, dass die Lebensdauer des Bohrers signifikant verlängert wird. Dennoch können sich Öl und CO2 in der Spindel voneinander trennen, wenn sie nicht vollständig gemischt und in einem einphasigen Zustand vorliegen. Dies führt zu Prozessinstabilität. Um dies zu verhindern, sind Bedingungen von Interesse, bei denen CO2 und Öl bereits vor dem Eintritt in die Spindel eine einzige Phase bilden, da sie dann nicht mehr durch Zentrifugalkräfte getrennt werden können.

Das Ziel dieses Forschungsprojekts besteht darin, das thermophysikalische Verhalten von Mischungen aus verschiedenen esterbasierenden Schmierölen bzw. Ölmischungen und Additiven mit CO2 zu untersuchen. Diese Öle sind umweltfreundlich und gesundheitlich unbedenklich, zeichnen sich jedoch durch hervorragende Schmiereigenschaften aus.

 

Untersuchungsschwerpunkte:

  1. optische statische Untersuchung in der Hochdrucksichtzelle: Wie verhalten sich die Öle mit CO2? Wie schnell lösen sich die Phasen ein? Schwillt eine Phase mehr an als die andere? Gibt es eine Phaseninversion? 

 

2. Messung der gegenseitigen Einlösung: Messung der maximalen gegenseitigen Einlösung bei unterschiedlichen Drücken und Temperaturen.

 

3. dynamische Fließversuche: Wie verhät sich das in den CO2 Strom injetzierte Öl bei verschiedenen Temperaturen und Drücken? Wie ist das Fließverhalten und wie schnell löst es sich in einem turbulentem Strom ein?

 

Ansprechpartnerin fĂĽr Abschlussarbeiten zur kryogenen Minimalmengenschmierung

Nathalie Piche, M.Eng.

Raum: IC 3/167

Tel: +49-(0)234 32-22507

E-Mail: piche@fvt.rub.de


 

Zuletzt geändert: Mittwoch, 20. September 2023, 12:58