Zusammenfassung der 8. Sitzung
Conditions d'achèvement
Abgesehen von einem kleinen Ausflug in den Bereich der Körpersäfte ging es anhand der »Millstätter Predigtsammlung« um die Fastenzeit und in grammatikalischer Hinsicht ging es zunächst um Adjektive und Adverbien.
Adverbien können aus Adjektiven gebildet werden – man spricht dann von Adjektivadverbien. (1) Diese Adjektivadverbien haben dann meist ein <e> am Ende: Zum Adjektiv lanc gehört beispielsweise das Adverb lange. (2) Manchmal unterscheiden sich Adjektive und Adverbien aber auch durch einen Umlaut: Dem Adjektiv schœne entspricht das Adverb schône. (3) Adjektivadverbien können auch durch das anhängen von -liche gebildet werden: Zum Adjektiv ganz gehört das Adverb ganzlîche. (4) Schließlich können Adverbien auch aus bestimmten Kasus von Adjektiven oder Substantiven abgeleitet sein, zum Beispiel dankes (freiwillig): dû möhtest gerner dankes geben tûsent pfunt dan drîzec tûsent âne danc – »Du würdest lieber tausend Pfund freiwillig geben als dreißig tausend gegen deinen Willen«.
Außerdem haben wir uns mit Exzeptivsätzen beschäftigt. Hierbei handelt es sich um negierte Nebensätze im Konjunktiv, die eine getroffene Aussage einschränken. Mein Lieblingsbeispiel stammt aus einem Minnelied Heinrichs von Morungen:
Ich waene, nieman lebe, der mînen kumber weine,
den ich eine trage,
ez entuo diu guote, die ich mit triuwen meine,
vernimt si mîne klage.
Wê, wie tuon ich sô, daz ich sô herzeclîche
bin an sî verdâht, daz ich ein künicrîche
vür ir minne niht ennemen wolde,
ob ich teilen unde weln solde?
Übersetzung: Ich glaube, dass es niemanden gibt, der meinen Kummer (be)weint, den ich einsam (er)trage, es sei denn die Gute, (in diesem Fall vielleicht besser: außer der Guten) die ich treu liebe, wenn sie meine Klage vernimmt. Oh Weh, warum tu ich das, dass ich mit ganzem Herzen so in sie verknallt (verdenken = in Gedanken versinken, sich sehnen) bin, dass ich an Stelle ihrer Liebe kein Königreich annehmen würde, selbst wenn ich teilen und wählen dürfte.*
** Wenn eine Erbschaft ansteht und das Erbe an zwei Parteien zu verteilen ist, dann hat man das so geregelt, dass eine Partei das Erbe in zwei Teile teilte und die andere Partei sich einen Teil auswählen durfte. Auf diese Weise war sichergestellt, dass beide Teile gleich viel wert waren und das Erbe auf diese Weise gleich verteilt wurde. Wenn man also zugleich teilen und wählen dürfte, dann könnte man sich den größten Teil eines Erbes sichern.
Modifié le: vendredi 25 mars 2022, 12:53