3.1 Darstellung von Geraden (Fortsetzung)

Definition (Zwei-Punkte-Form):

Zwei Punkte P und Q in der Ebene mit Ortsvektoren \(\vec{p}\) und \(\vec{q}\) legen eindeutig eine Gerade fest, die durch diese beiden Punkte verläuft. Ein Punkt \(X\) mit dem Ortsvektor \(\vec{x}\) liegt genau dann auf der Geraden, wenn \(\vec{x}\) die Darstellung

\(\vec{x}=\vec{p}+s(\vec{q}-\vec{p})\)

besitzt. Dabei darf der Parameter s alle reellen Werte annehmen.

Andersherum betrachtet: Wenn s alle reellen Zahlen durchläuft, dann liefert \(\vec{x} = \vec{p} + s (\vec{q} -\vec{p})\) die Ortsvektoren von allen Punkten, die auf der Geraden durch P und Q liegen.

Dasselbe gilt, wenn man einen Punkt P und einen Richtungsvektor \(\vec{u} \in \mathbb {R}^2\) gegeben hat, wobei \(\vec{u}\neq \vec{0}\). Für alle Punkte X auf der Geraden ist dann \(\overrightarrow {PX}\) parallel zum Vektor \(\vec{u}\).

Definition (Punkt-Richtungs-Form):
Sei P ein Punkt mit dem Ortsvektor \(\vec{p}\) und \(\vec{c}\neq \vec{0}\) ein beliebiger Richtungsvektor . Dann liegen alle Punkte \(X\) mit Ortsvektor

\(\vec{x}=\vec{p}+s\vec{c},\;\; s\in\mathbb{R}\)

auf einer Geraden durch P parallel zu \(\vec{c}\).

Da in beiden Fällen die Gerade dadurch dargestellt wird, dass ein Parameter (hier: s) alle möglichen Werte durchläuft, nennt man diese Formen Parameterdarstellungen von Geraden.

Applet: Punkt-Richtungsform einer Geraden

Die beiden Darstellungen kann man auch in Koordinaten schreiben:

Die Zwei-Punkte-Form lautet dann

\(\left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\end{array}\right)\; = \;\left(\begin{array}{r}p_1\\p_2\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}q_1-p_1\\q_2-p_2\end{array}\right)\)

Die Punkt-Richtungs-Form hat die Gestalt

\(\left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\end{array}\right)\; = \; \left(\begin{array}{r}p_1\\p_2\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}c_1\\c_2\end{array}\right)\)

Beispiel :
  1. Die Gerade durch die beiden Punkte P=(2,1) und Q=(-3,2) hat die Gleichung

    \(\left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\end{array}\right)=\left(\begin{array}{r}2\\1\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}-5\\1\end{array}\right)\)

  2. Die Gerade durch den Punkt P=(2,1), die parallel zu \(\vec{c}=\left(\begin{array}{r} -2\\ 3 \end{array}\right)\) ist, hat die Darstellung

    \(\left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\end{array}\right)=\left(\begin{array}{r}2\\1\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}-2\\3\end{array}\right)\)

Geraden im \(\mathbb {R}^3\)

Zunächst gibt es die gerade eben eingeführten Zwei-Punkte-Form und Punkt-Richtungsform auch für Geraden im \(\mathbb {R}^3\). Sie lauten dort

\(\begin{array}{rcl}\left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\\x_3\end{array}\right)&=&\left(\begin{array}{r}p_1\\p_2\\p_3\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}q_1-p_1\\q_2-p_2\\q_3-p_3\end{array}\right)\qquad\;\text{Zwei-Punkte-Form}\\ & & \\ \left(\begin{array}{r}x_1\\x_2\\x_3\end{array}\right)&=&\left(\begin{array}{r}p_1\\p_2\\p_3\end{array}\right)+s\cdot\left(\begin{array}{r}c_1\\c_2\\c_3\end{array}\right)\qquad\;\text{Punkt-Richtungs-Form}\end{array}\)

Außer dass alle Vektoren nun eine dritte Komponente besitzen, ändert sich also überhaupt nichts. Wir können auf diese Weise auch ohne Probleme Geraden im \(\mathbb {R}^n\) definieren, auch wenn wir uns diese nicht mehr anschaulich vorstellen können.

Es gibt im \(\mathbb {R}^3\) allerdings eine neue Form, mit der man Geraden unter Benutzung des Vektorprodukts darstellen kann. Betrachte dazu eine Gerade, die durch einen Punkt \(A\) verläuft und den Richtungsvektor \(\vec{c}\) besitzt. Wenn \(P\in \mathbb {R}^3\) ein beliebiger Punkt ist, dann ist der Vektor \(\overrightarrow {AX}=\overrightarrow {PX}-\overrightarrow {PA}\) genau dann parallel zu \(\vec{c}\), wenn \(\overrightarrow {AX} \times \vec{c}= 0\) ist, d.h. \((\overrightarrow {PX}-\overrightarrow {PA})\times \vec{c}= 0\).

Figures/momentendarstellung

Daraus erhalten wir nun eine weitere Möglichkeit, wie man eine Gerade im \(\mathbb {R}^3\) analytisch darstellen kann.

Definition (Momentengleichung):
Ein Punkt X liegt auf der Geraden durch A in Richtung \(\vec{c}\), wenn für den beliebig gewählten Bezugspunkt P gilt:

\(\overrightarrow{PX}\times\overrightarrow{c}=\overrightarrow{PA}\times\vec{c}\)


Diese Form heißt Momentengleichung der Gerade.

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Zuletzt geändert: Mittwoch, 23. Januar 2019, 16:21