Parametrisierte Kurven

21.1 Parametrisierte Kurven

Bei der Berechnung der längs eines Wegs verrichteten Arbeit oder der Bestimmung der Zirkulation in der Strömungslehre, integriert man Vektorfelder entlang von Kurven in der Ebene oder im Raum. Wir hatten schon in Kapitel 15 die Parameterdarstellung von Kurven in der Ebene kennengelernt: Zwei differenzierbare Funktionen x(t) und y(t$ legen in Abhänqigkeit eines Parameters t (den man sich als "Zeit" vorstellen kann) einen Punkt P(t) = (x(t), y(t)) in der Ebene fest. Durchläuft der Parameter t das Intervall [a, b], dann bewegt sich P(t) entlang der Kurve. Man kann sich die Kurve daher auch als Bahn eines Teilchens in der Ebene vorstellen. Dieselbe Idee lässt sich auch in höheren Raumdimensionen benutzen:

Definition (parametrisierte Kurve)
Eine parametrisierte Kurve in $\mathbb {R}^n$ ist eine stetige Abbildung $\vec{\gamma }:[a,b] \to \mathbb {R}^n$ mit

$\vec{\gamma}(t)=\left(\begin{array}{c}\gamma_1(t)\\ \gamma_2(t)\\ \vdots\\ \gamma_n(t)\end{array}\right)$

Die Kurve heißt differenzierbar (stetig differenzierbar), wenn die Abbildung $\vec{\gamma }$ differenzierbar (stetig differenzierbar) ist.
Die Punktmenge $\gamma =\{ \vec{\gamma }(t);\; a\leq t\leq b\} \subseteq \mathbb {R}^n$ heißt Spur von $\vec{\gamma }$.

Bemerkungen:
  1. Meistens werden wir nicht zwischen der Kurve $\vec{\gamma }$ und ihrer Spur unterscheiden. Trotzdem ist $\vec{\gamma }$ eigentlich nicht nur eine Punktmenge, sondern auch ein "Zeitplan", der angibt, in welcher Richtung und wie schnell diese Menge durchlaufen wird.
  2. Achtung! Wie wir gleich an Beispielen sehen werden, kann es vorkommen, dass eine Kurve nicht "glatt" aussieht, auch wenn die Funktion $\vec{\gamma }$ unendlich oft differenzierbar ist.
  3. Ohne eine formale Definition zu geben, sei noch bemerkt, dass man die Notation $-\vec{\gamma }$ für die in umgekehrter Richtung durchlaufene Kurve $\vec{\gamma }$ benutzt und $\vec{\gamma }+\vec{\chi }$ für das "Aneinanderkleben" von zwei Kurven $\vec{\gamma }$ und $\vec{\chi }$ schreibt, wobei dann natürlich der Endpunkt von $\vec{\gamma }$ mit dem Anfangspunkt von $\vec{\chi }$ übereinstimmen muss.

Beispiel:
Die Kurven

$\vec{\gamma}_1(t)=\left(\begin{array}{c}\cos(t)\\\sin(t)\end{array}\right), \qquad \qquad t\in[0,2\pi]$ und $\vec{\gamma}_2(t)=\left(\begin{array}{c}\cos(t)\\-\sin(t)\end{array}\right), \qquad \qquad t\in[0,2\pi]$

haben dieselbe Spur, nämlich einen Kreis, jedoch wird diese Kreislinie in unterschiedlicher Richtung durchlaufen.

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