Mehrdimensionale Kettenregel

Auch die Kettenregel hat ein mehrdimensionales Analogon. Hier muss man bei der Verkettung zunächst darauf achten, dass die Dimensionen der beteiligten Räume zusammenpassen. Die Kettenregel selbst kann man sich dann sehr leicht merken, denn sie hat exakt dieselbe Form wie im Eindimensionalen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die beteiligten Ableitungen nun Jacobimatrizen sind und dass statt der normalen Multiplikation die Matrixmultiplikation verwendet wird.

Satz (Kettenregel):

Sei $U \subseteq \mathbb {R}^ n$, $\vec{f}: U \rightarrow \mathbb {R}^ m$ differenzierbar in $\vec{a}$ und \(\vec{g}: \mathbb {R}^ m \rightarrow \mathbb {R}^p\) differenzierbar in \(\vec{f}(\vec{a})\). Dann ist \(\vec{g} \circ \vec{f}\) differenzierbar in $\vec{a}$ mit

  $D(\vec{g}\circ\vec{f})(\vec{a})=\underbrace{\underbrace{D\vec{g}(\vec{f}(\vec{a}))}_{\mbox{$p\times m$-Matrix}}\cdot \underbrace{D\vec{f}(\vec{a})}_{\mbox{$m\times n$-Matrix}}}_{\mbox{$p\times n$-Matrix}}$

Beispiele:
  1. Seien $\vec{f}:\mathbb{R}^2\to \mathbb{R}^2$ und $\vec{g}:\mathbb{R}^2\to \mathbb{R}^3$ gegeben durch

    $\vec{f}(x,y)=\left(\begin{array}{c}xy\\x^2+y^2\end{array}\right)$ und $\vec{g}(u,v)=\left(\begin{array}{c}u+v\\\sin(u)\\\ln(1+u^2+v)\end{array}\right)$.

    Dann ist

    $D\vec{f}(x,y)=\left(\begin{array}{cc}y&x\\2x&2y\end{array}\right)$ und $D\vec{g}(u,v)=\left(\begin{array}{cc}1&1\\\cos(u)&0\\\frac{2u}{1+u^2+v}&\frac{1}{1+u^2+v}\end{array}\right)$

    Damit ist für

    $\vec{h}(x,y)=\vec{g}(\vec{f}(x,y))=\left(\begin{array}{c}xy+x^2+y^2\\\sin(xy)\\\ln(1+x^2y^2+x^2+y^2)\end{array}\right)$

    die Ableitung

    \begin{eqnarray*} D\vec{h}(x,y)=D\vec{g}(xy,x^2+y^2)D\vec{f}(x,y)&=&\left(\begin{array}{cc}1&1\\\cos(xy)&0\\\frac{2xy}{1+x^2y^2+x^2+y^2}&\frac{1}{1+x^2y^2+x^2+y^2}\end{array}\right)\left(\begin{array}{cc}y&x\\2x&2y\end{array}\right)\\&=&\left(\begin{array}{cc}y+2x&x+2y\\y\cos(xy)&x\cos(xy)\\\frac{2xy^2+2x}{1+x^2y^2+x^2+y^2}&\frac{2x^2y+2y}{1+x^2y^2+x^2+y^2}\end{array}\right) \end{eqnarray*}

  2. Seien $\vec{r}:[0,1]\to \mathbb {R}^3$ und $T:\mathbb {R}^3\to \mathbb {R}$ differenzierbare Funktionen. Wir können uns zum Beispiel vorstellen, dass $\vec{r}(t)$ die Bahnkurve eines Messflugzeugs ist und $T(\vec{x})$ die (hier als zeitlich konstant vorausgesetzte) Temperatur am Ort $\vec{x}$. Die Verkettung $\theta (t)=T(\vec{r}(t))$ gibt dann den zeitlichen Temperaturverlauf während des Fluges wieder. Nach der Kettenregel ist die zeitliche Änderung der Temperatur während des Flugs dann

    \( \theta’(t)=\underbrace{DT(\vec{r}(t))}_{\text{Zeilenvektor}}\underbrace{\vec{r}'(t)}_{\text{Spaltenvektor}}=\vec{\nabla}T(\vec{r}(t))\vec{r}’(t) \)