Philipp Nicolai: Wie schön leuchtet der Morgenstern

Philipp Nicolai: Wie schön leuchtet der Morgenstern

- Joshua Bruhnke の投稿
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In dem Lied von Philipp Nicolai kommen die Aspekte der Jesus-Mystik und der Bräutigam-Mystik zum Tragen, die ihrerseits Teil der neuen Frömmigkeit sind. Das Lied steht daher aber auch in einer deutlich älteren Tradition, die über Johannes Tauler bis zum hochgeehrten Bernhard von Clairvaux und weiter reicht. Da Jesus- und Braut-Mystik auch wirkmächtige Bestandteile mittelalterlicher katholischer Theologie waren, würde ich dieses Lied nicht dezidiert als evangelisch bezeichnen. Da jedoch sowohl Tauler, als auch Clairvaux einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Martin Luther und sein Denken hatten, kann dieses Lied aber auch nicht als nichtevangelisch bezeichnet werden. 

Es reiht sich ein in eine Zeit, in der sich sowohl Katholische, wie auch Evangelische von der anderen Seite inspirieren ließen. Auch wenn ich mich persönlich nicht in die Mystik einfühlen kann, unterstütze ich vollkommen, was bereits in der Vorlesung angesprochen wurde: Frömmigkeit spielt in der Gemeinde und bei den Gemeindegliedern eine durchaus größere Rolle, vor allem zu einer Zeit, die von Krankheit, Krieg und Tod gezeichnet war. Daher hat dieses Lied nicht nur als Zeitzeuge einer anderen Art von Frömmigkeit seine Berechtigung als Kirchenlied, sondern auch als Bestätigung, dass der universitär-theologische Weg nicht der Einzige ist.

Gerade den Schluss der vierten Strophe (Werd von Gnaden/Auff dein Wort komm ich geladen.) interpretiere ich als eine Ablehnung von Valentin Weigels Vorstellung von der verwicklichten Gottebenbildlichkeit, welche für mich Anklänge an Pelagius bereit hielten. Insofern ist für mich das Lied aus theologischer Sicht durchaus evangelisch.