Interpretation des Liedes „Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Philipp Nicolai

Interpretation des Liedes „Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Philipp Nicolai

di Jan-Erik Schulz -
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Im Folgenden möchte ich die vierte und fünfte Strophe des Liedes „Wie schön leuchtet der Morgenstern" von Philipp Nicolai interpretieren und einen Bezug zur „neuen Frömmigkeit" herstellen.

In der vierten Strophe wird die Freunde in bzw. durch Gott betont. Der „Frewdenschein" (Z. 1) des lyrischen Ichs käme von Gott, der es „freundtlich" (Z. 3) anblickt und in die Arme nimmt (vgl. Z. 9) nimmt. Der Fokus wird auf Jesus Christus gesetzt, der als „trawtes Gut" (Z. 4) bezeichnet wird und der zur innerlichen Erquickung führt (vgl. Z. 6).
In dieser Strophe steht die Freude an Gott durch die Erlösung durch Jesus Christus im Mittelpunkt, ein Bezug zum alltäglichen Leben wird nicht hergestellt. Unter Berücksichtigung des historischen Kontextes sollte diese Strophe vermutlich eine tröstende Wirkung auf die Christen haben, denen wegen in der Pestepidemie verstorbener Angehöriger vermutlich eher nicht fröhlich zumute war.

Von der Freude ausgehend wird in der fünften Strophe die Liebe besonders betont. Gott hat die Christen in seinem „Sohn geliebet" (Z. 3). Aus dem Wortfeld „Liebe" kommen weitere Begriffe vor: „Schatz" (Z. 5), „Braut" (Z. 5), und „Hertz" (Z. 12). Auf der einen Seite kommt es zu einer starken Betonung der Liebe Gottes, auf der anderen Seite wird der Fokus auf das „Himmlisch Leben" (Z. 9) gelenkt, welches im Kontrast zum irdischen Leben mit seinen Leiden steht.
Die starke Betonung der Liebe, auch wenn ein erotischer Bezug nur hintergründig anklingt (vgl. Z. 5) ist dabei für die „neue Frömmigkeit" ebenso typisch wie die sog. „Freudentheologie", die insbesondere Stephan Praetorius vertreten hat.

Ich empfinde dieses Lied durchaus als evangelisch. In seiner ursprünglichen Bedeutung verweist der Begriff „evangelisch" auf die Freudenbotschaft, das Evangelium. In Philipp Nicolais Lied wird über diese Freude, die aus der Rettung durch Jesus Christus kommt, gesungen, die aus Gnade geschehen ist (vgl. auch Str. 4, Z. 11). Mich persönlich erinnert dieses Lied ein wenig an das moderne christliche Lied „In Christus ist mein ganzer Halt" von Keith Getty und Stuart Townend, in dem es in der vierten Strophe heißt:
„Nun hat der Tod die Macht verlorn.
Ich bin durch Christus neu geborn.
Mein Leben liegt in seiner Hand
vom ersten Atemzuge an.
Und keine Macht in dieser Welt
kann mich ihm rauben, der mich hält,
bis an das Ende dieser Zeit,
wenn er erscheint in Herrlichkeit."