Künstliche Intelligenz und allgemeiner digitale Systeme können heutzutage nicht nur die menschlichen Fähigkeiten des Rechnens, Denkens und Sprechens nachahmen, sondern auch Emotionen simulieren und beim Menschen erfassen. Eine Philosophie dieser emotionalisierten KI oder, wie der klassische Ausdruck lautet, des Affective Computing, analysiert zum einen, welche Theorien von Emotionen, Gefühlen und Affekten dieser Technologie zugrunde liegen und was das grundsätzlich für die Leistungsfähigkeit solcher Systeme bedeutet. Zum anderen diskutiert sie kritisch, in welchen Bereichen der Einsatz von welchen Funktionen aus prudentieller Sicht sinnvoll und aus moralischer Sicht vertretbar ist. In diesem Seminar werden wir zunächst die theoretischen Grundlagen erarbeiten, um sie dann an einem praktischen Beispiel exemplarisch anzuwenden. Dazu arbeiten wir mit einem großen deutschen Medienhaus zusammen, das seine Nachrichten-App um emotionsbezogene Funktionen erweitert. Das Seminar verfolgt die Idee des forschenden Lernens und hat drei Teile: 1.) Theoretische Grundlagen in wöchentlichen Sitzungen. 2.) Präsentation des praktischen Anwendungsfalls im Plenum, dann Gruppenarbeit zu einer Detailfrage, weitgehend selbständig über einige Wochen 3.) Präsentation der Ergebnisse der Gruppenarbeit in zwei Schritten, erst zur gegenseitigen Rückmeldung, dann vor einem Vertreter des Nachrichtensenders. Wer das Seminar für eine Modulabschlussprüfung nutzen will, muss zusätzlich zur kleinen Leistung (Vorbereitungen auf die Theorie-Sitzungen, Gruppenarbeit und -präsentation) eine etwas erweiterte schriftliche Version des Gruppenarbeitsergebnisses abgeben. Das Seminar hat großes interdisziplinäres Potenzial und begrüßt neben Studierenden aus der Philosophie insbesondere auch Studierende aus der Psychologie und Medienwissenschaft.

Literaturhinweise

Zur Vorbereitung lesen: Weber-Guskar, Eva. 2024. Gefühle der Zukunft. Wie wir mit emotionaler KI unser Leben verändern. Berlin: Ullstein.
Hintergrund: Picard, Rosalind. 1997. Affective Computing. Cambridge, Mass.: MIT Press.

Semester: WT 2025/26