Tiere werden gepflegt, gefüttert, gestreichelt – genutzt, geschlachtet und gegessen. Zeitgenössische Mensch-Tier-Beziehungen sind vielfältig und stellenweise höchst widersprüchlich. Ambivalente Wahrnehmungen von (anonymisierten) Nutztieren und (geliebten) Haustieren sind beispielhaft dafür.

Im Forschungsseminar stehen kritische Perspektiven auf das Mensch-Tier-Verhältnis im Fokus des Interesses. Zunächst setzten wir uns mit einigen theoretischen Überlegungen und folgenden Fragen auseinander:

- Inwiefern ist das Tier als „Träger von Symbolen“ zu verstehen? Welche
Relevanz hat Sprache für die Wahrnehmung von „Tieren“?

- Inwiefern ist der „Konsum“ von Tieren eine Form der Gewalt, welche Rolle
spielt Verantwortung?

- Wie können tierbezogene Unterdrückungsverhältnisse gefasst werden? Was ist
in diesem Zusammenhang Speziesismus? Was ist Karnismus?

Schwerpunkt des Seminars ist es, im Zuge forschungsbasierter Projektarbeit sowohl Beziehungen als auch Beziehungslosigkeiten zwischen Menschen und Tieren stärker in den Blick zu nehmen. So können beispielsweise verschiedene Praktiken „gelebter Kritik am Mensch-Tier-Verhältnis“ näher beleuchtet werden. Die „glückliche Kuh auf der Weide“ auf dem Werbeplakat des Supermarktes – das eingepferchte, von der Mutterkuh getrennte Kalb auf dem Flyer der Tierrechtsorganisation: auch widerstreitende (mediale) Repräsentationen sind ein interessanter Gegenstand möglicher Forschung.

Die Studierenden bekommen im empirischen Seminar die Gelegenheit, sich auf kreative, methodisch differenzierte Art und Weise in anschlussfähigen Forschungsfeldern zu bewegen. Neben der Analyse von Selbsterzählungen, wird auch der methodische Umgang mit Bild(lichkeit) zugänglich gemacht.

Literaturauswahl:

Brucker et al. (2015). Das Mensch-Tier-Verhältnis. Eine sozialwissenschaftliche Einführung. Wiesbaden: Springer

Boesch, E. (2000). Das lauernde Chaos. Mythen und Fiktionen im Alltag. Bern: Huber

Buschka, S, Gutjahr J.& Sebastian, M. (2013). Gewalt gegen Tiere. In: Gudehus, C. & Christ, M. (Hrsg.), Gewalt. Ein interdisziplinäres Handbuch (S. 75-82). Stuttgart/Weimar: Verlag J.B. Metzler

Joy, M. (2017). Beyond Beliefs. A Guide to improving Relationships and Communication for Vegans, Vegetarians, and Meat eaters. Petaluma: Roundtree Press.

Lind, M. (2022). Von Menschen, Tieren und Maschinen. Die sprachliche Aushandlung ontologischer Grenzziehungen, Grenzüberschreitungen und Grenzverwischungen. In M. Lind (Ed.), Mensch – Tier – Maschine. Sprachliche Praktiken an und jenseits der Außengrenze des Humanen. Human-Animal Studies Band 24 (pp. 9-27). Transcript.

Mey, G. & Ruppel, P. S. (2018). Qualitative Forschung. In O. Decker (Hrsg.), Sozialpsychologie und Sozialtheorie. Band 1: Zugänge (S. 205-244). Wiesbaden: Springer VS. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-19564-3_14




Semester: SoSe 2024