Dieser Kurs setzt sich mit der Verwaltungsdimension der Europäischen Union (EU) auseinander und arbeitet dabei den hybriden Charakter der europäischen Verwaltungslandschaft sowie dessen Implikationen für die Entwicklung von Public Policies in der EU heraus. Dabei gehen wir vom Phasenmodell des europäischen Policy-Making-Prozesses aus. Zunächst nimmt die Europäische Kommission hinsichtlich des Agenda-Settings und der Politikformulierung eine herausragende Stellung als Policy-Entrepreneur ein. Wenn allerdings die Kommission auch eine Leitungs- und Aufsichtsfunktion wahrnimmt, erfolgt der Vollzug von Unionsrecht wesentlich durch die EU-Mitgliedstaaten. Indes wussten Pressman und Wildavsky („How Great Expectations in Washington are Dashed in Oakland“) bereits 1973 um die Diskrepanz von politikgestalterischem Wunsch und Umsetzungswirklichkeit. Gleichzeitig können Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden und die Verwaltungsdigitalisierung ermöglicht den Abbau von Kommunikationshemmnissen. Unsere Herausforderung als Masterkurs besteht darin, dass wir ein Verwaltungssystem theoretisch-konzeptionell wie empirisch-analytisch zu erfassen suchen, das nicht nur komplex ist, sondern sich besonders dynamisch entwickelt. Der Gedanke eines europäischen „Verwaltungsraumes“ bleibt dabei diskussionswürdig. Die Untersuchung von Strukturen und Dynamiken der europäischen Mehrebenenverwaltung orientiert sich an unterschiedlichen Forschungsperspektiven und fokussiert auf:

- die Verwaltungskapazitäten der Kommission sowie weitere EU-Verwaltungsstrukturen wie Komitologie und EU-Agenturen,
- die Dynamiken des Agenda-Settings in der EU und das Framing von EU-Policy unter Berücksichtigung der Kommission,
- die Europäisierung nationaler Verwaltungssysteme und Faktoren mitgliedstaatlicher Compliance, also der Befolgung von EU-Recht, hinsichtlich der Transposition von EU-Richtlinien und praktischer Implementation, wobei wir Datenbanken und Datensätze zur Umsetzung von EU-Recht explorieren,
- Sanktionsmechanismen, illustriert etwa anhand des Rechtsstaatsverfahrens nach Art. 7 EUV gegen Polen und Ungarn, sowie Compliance-Mechanismen wie das SOLVIT-Netzwerk.

Semester: WiSe 2023/24