Das Zeigen von Bildern leidender „Nutztiere“ auf Social Media oder in der Fußgängerzone, die „plötzliche“ Ablehnung von Fleischgerichten am Tisch seitens des Nachwuchses - nicht selten in Streitigkeiten und Konflikten mündend - oder Protestaktionen zur Abschaffung der Haltung von Tieren in Zoo und Zirkus: Kritik am Mensch-Tier-Verhältnis drückt sich auf vielfältige Art und Weise aus. Auch ein zunehmendes Bewusstsein für die Krisenhaftigkeit normaler Gewohnheiten, beispielsweise im Kontext ökologischen, klimagerechten Handelns, kann daran geknüpft sein. Sowohl die rational kalkulierte als auch gefühlte Bedrohung von Mensch, Tier und Umwelt spiegelt sich dabei in dystopischen Erzählungen von Film, Literatur und Kunst wider. Und ebenso wie solche Bilder des Zerfalls, sind auch Utopien als Imaginationen einer besseren, gerechteren, nachhaltigeren Gesellschaft nicht nur als abstrakte Far-Future-Szenarios zu verstehen:  Sie konkretisieren und verändern sich in der alltäglichen Lebenswelt.

Im Rahmen des Seminars wird „Gelebte Kritik“ am Mensch-Tier-Verhältnis in ihrer sinn- und bedeutungsstiftenden Funktion untersucht. Ihre Symbolkraft (beispielsweise durch die Imagination ferner Zukunftswelten) steht dabei ebenso im Fokus, wie Prozesse der Zugehörigkeitsmarkierung und Abgrenzung sowie Momente der Radikalisierung und des Fanatismus. Die Utopien der Einen können dabei durchaus die Dystopien der Anderen sein.
 
Das Seminar ist als Forschungsseminar geplant. Neben der Erarbeitung eines theoretischen Rahmens, widmen wir uns gemeinsam Bild- und Textmaterial aus einem laufenden Promotionsprojekt zum Thema „Veganismus als Zukunftsimperativ. Das avantgardistische Selbst in der Utopie einer veganen (Welt-)Gesellschaft.“ Die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit methodischen Vorgehensweisen ist Voraussetzung, Vorkenntnisse sind hier wünschenswert.
Semester: WiSe 2023/24