Was als Binsenweisheit gilt, lässt sich unschwer in den Reaktionen auf die feministischen Errungenschaften der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte erkennen. So macht bereits Hedwig Dohm in ihrem 1902 erschienenen Werk „Die Antifeministen“ auf die misogynen Angriffe aufmerksam, die auf die Formierung und Radikalisierung der Ersten Frauenbewegung mit Vehemenz erfolgte. Mehr als 100 Jahre später sehen wir uns diesem Phänomen in beispielsloser Omnipräsenz ausgesetzt: Die voranschreitenden Prozesse der Digitalisierung, Neoliberalisierung und Globalisierung haben zu einer unübersichtlichen virtuellen wie reellen Vernetzung divergierender antifeministischer Akteur(*innen) beigetragen – vereint in dem Gefühl des eigenen Hegemonieanspruchs beraubt zu sein, kämpfen sie um die verloren geglaubte männliche, weiße Vormacht, die es vor allem in der Anonymität des Internets, aber auch in Form physischer Gewaltakte zurückzuerobern gilt: Maskulismus, Männerrechtsbewegung, christlicher Fundamentalismus, Anti-Etatismus, Pick Up Artists, Incels, Red Pill Philosophy, Gamer Gate und Manosphere – all dies sind Schlagwörter einer antifeministischen Gegenwart, die einer intersektionalen Betrachtungsweise bedürfen, will man sie in ihrer Komplexität erfassen. Dieser Aufgabe wollen wir uns im Seminar widmen. Nach einer kurzen Einführung in einschlägige Theorien der Männlichkeitsforschung und einem Überblick in die Historizität des Antifeminismus, wenden wir uns den zeitgenössischen Ausprägungen antifeministischer Erscheinungen und ihrer Auswirkungen auf die durch sie bedrohten Subjekte zu. Gemeinsam versuchen wir abschließend, die intersektionalen Verbindungen zu anderen Radikalisierungsformen zu erfassen.
Semester: WiSe 2023/24