Man kann sich der Erkenntnistheorie primär theoretisch annähern, zum Beispiel in dem man allgemeine Analysen von Wissen, Rechtfertigung oder Evidenz vorschlägt. Man kann sich der Erkenntnistheorie auch über epistemische Vorbilder nähern, wie wir sie zum Beispiel in reifen Wissenschaften wie der Mathematik oder Physik finden. In diesem Seminar werden wir dagegen einen anderen, dritten Weg einschlagen und uns der Erkenntnistheorie über die „dunklen Seiten“ und „Abgründe“ der menschlichen Kognition annähern, nämlich über epistemische Pathologien und epistemische Unglücksfälle. Plausible Beispiele dafür sind Irrationalität und Biases, Bullshit und Verschwörungstheorien, Ideologien und Propaganda, Wissenschaftsfeindlichkeit und Pseudo-Expertise, Fake News, „Filterblasen“ und „Echokammern“ sowie auch Krankheiten im wörtlichen Sinn wie Alzheimer und Verfolgungswahn. Durch diesen „negativen Blick“ auf die Unglücksfälle und Katastrophen der menschlichen Kognition können wir vielleicht oft besser verstehen, was uns im Bereich der Erkenntnis wirklich wichtig ist, als durch rein theoretische Betrachtungen oder die Idealisierung epistemischer Vorbilder. Grundkenntnisse in Erkenntnistheorie sind hilfreich für das Seminar, werden aber nicht vorausgesetzt. Die Lektüre englischer Texte sollte dagegen kein Problem darstellen.

Semester: WiSe 2024/25