Auf der Suche nach neuen ästhetischen Kommunikationsformen und Verfahren entwirft Bertolt Brecht zwischen 1928 und 1933 eine andere Form von Theater, in der die Darstellenden als Lernende im Fokus stehen: die Lehrstücke. Auf die Notwendigkeit von Zuschauenden verzichtend stellen sie einen radikalen Gegenentwurf zur klassischen Schauanordnung des Theaters dar. Doch nicht nur formal sind die Lehrstück-Experimente Brechts herausfordernd, auch inhaltlich stellen sie die Spielenden auf die Probe. Denn worin sich im Lehrstück eingeübt werden soll, ist der eigene Tod.

Im Zentrum dieser brechtschen »Sterbelehre« steht der Begriff des Einverständnisses, der sowohl subjekttheoretisch als Einsicht in die Grenzen des Subjekts als auch politisch als Einsicht in die Grenzen politischer Souveränität zu deuten ist. Im Seminar wollen wir anhand ausgewählter Literatur (Carl Schmitt, Walter Benjamin, Michel Foucault, Giorgio Agamben) die theoretischen Implikationen und notwendigen Ambivalenzen der Todesmotivik innerhalb der Lehrstücke Bertolt Brechts (v.a. Der Jasager, Die Maßnahme und Das Badener Lehrstück vom Einverständnis) herausarbeiten sowie uns körperlich-szenisch darin einüben.


Semester: SoSe 2024