In seiner berühmten „Theory of Moral Sentiments/Theorie der ethischen Gefühle“ analysiert der schottische Philosoph Adam Smith die moralischen Gefühle des Alltagslebens. Anders als die Rationalisten betrachtet er die Gefühle nicht als Störenfriede oder gefährliche Verführer einer der Vernunft entspringenden Moral. Er nimmt umgekehrt an, dass die moralischen Einstellungen, auf die wir im Zusammenleben angewiesen sind, letztlich den Gefühlen entspringen und nicht rationalen Argumenten. Das führt nicht selten dazu, dass wir Dinge anders beurteilen als es bei der reinen Anwendung rationaler Prinzipien wäre, aber das hat nach Smith auch Vorteile.
Smith Morallehre baut auf dem Gefühl der Sympathie auf. Smith geht davon aus, dass Menschen sich im wechselseitigen Umgang beobachten und dabei lernen können, ihren Egoismus und Egozentrismus quasi auszutricksen, indem sie Situationen auch aus der Perspektive des anderen betrachten. Hier spielt der Begriff des „unparteiischen Beobachters“ eine zentrale Rolle: Wir entwickeln durch die Fähigkeit zum Perspektivenwechsel eine fiktive neutrale Perspektive, aus der wir auch die Begrenztheit unserer eigenen beurteilen können. Während uns die Sympathie ermöglicht, die Motive der Mitmenschen einzuschätzen, erlaubt uns die Fiktion des unparteiischen Beobachters, eigene und fremde Motive und Handlungen moralisch zu beurteilen. Im Seminar werden wir den Text im Detail analysieren, um die Vorteile, aber auch Schwierigkeiten dieses Konzepts herauszuarbeiten. Dies erfordert eine gründliche vorbereitende Lektüre.

Text: Adam Smith, Theorie der ethischen Gefühle, Hamburg 2010 (Philosophische Bibliothek)

Das englische Original finden Sie auf: https://oll.libertyfund.org/titles/smith-the-theory-of-moral-sentiments-and-on-the-origins-of-languages-stewart-ed


Semester: WT 2024/25