Die Vorlesung widmet sich einem von der Kunstgeschichte bisher eher vernachlässigten Forschungsfeld – der europäischen und insbesondere französischen Grabmalsskulptur und -kultur des 17. bis 19. Jahrhunderts.
Das Grabmonument des 18. Jahrhunderts führt immer noch ein kunsthistorisches Außenseiterdasein – von Erwin Panofsky als erfindungsarm abgestempelt, von der Mentalitätsgeschichte vor allem zur Illustration prärevolutionärer Todes- und Jenseitsvorstellungen herangezogen, von der kunsthistorischen Denkmalsforschung weitestgehend ausgeklammert.
Dabei ist es wohl nicht vermessen zu sagen, dass gerade das elitäre Grabmal in den großen politischen, intellektualitätsgeschichtlichen, religiösen und künstlerischen Kontexten im 18. und 19. Jahrhundert eine gewichtige Rolle spielte. So sind beispielsweise in Frankreich nahezu alle großen Bildhauer des 18. Jahrhunderts an Grabmalsprojekten beteiligt gewesen. Gerade das prominent elitäre, innerkirchliche Grabmonument war im Laufe des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts Gegenstand einer urbanistisch geprägten, auf hygienischen Erwägungen basierenden Diskussion, die schließlich in der Auflösung der althergebrachten Memoriapraxis – einer seit Jahrhunderten sowohl verteidigten, als auch kritisch gesehenen Allianz von Kirche und Grabmal – mündete und eine Umorientierung der Aufgabe des Grabmonuments zur Folge hatte. Darüber hinaus galten doch gerade die Grabmäler als vorderste Symbole verhasster Protagonisten des Ancien Régime, waren erste Ausstattungsstücke von Alexandre Lenoirs Musée des Monuments français und avancierten dann mit Verlagerung auf den vorstädtischen Friedhof zu künstlerischen Highlights in touristischen Friedhofswegweisern.
Diese hier summarisch aufgeführten Diskurse und Kontexte zeigen bereits den weit gespannten Rahmen an, innerhalb dessen die Vorlesung anhand einer Auswahl komplexer Ausstattungsensembles die Entwicklung der Grabmalsskulptur und -kultur vom 17. bis 19. Jahrhundert nachzeichnen möchte.

Semester: ST 2024