Wenngleich der Begriff der «Propaganda» erst in der Neuzeit entsteht – und vor allem für die Geschichte des 20. Jahrhunderts eine gleichermaßen fatale wie bedeutsame Rolle spielt – sind Formen der bewussten Beeinflussung der «öffentlichen» Meinung auch im Mittelalter keineswegs unbekannt. Man könnte sogar so weit gehen, in unterschiedlichen Konfliktkonstellationen und Auseinandersetzung von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung geradezu die Grundlage für die Entstehung von Propaganda zu suchen – für die der Rahmen einer kritischen Öffentlichkeit ebenso nötig ist wie die Existenz bestimmter medialer Grundlagen, die der effizienten Verbreitung dienen konnten. Dieses Seminar will nach Erscheinungsformen politischer und religiöser Propaganda im weitesten Sinne im europäischen Spätmittelalter nachspüren. Dabei soll durchaus auch kritisch hinterfragt werden, welchen Erkenntnisgewinn es mit sich bringt, wenn etwa antijüdische Polemik oder der Schlagabtausch zwischen politischen Gegnern mit der Kategorie der «Propaganda» gefasst wird – und welche Rolle dabei der Behauptung von «Wahrheit» zukommt.


Semester: SoSe 2024