Erzählungen – oder wie Straub sie bezeichnete – „narrativen Konstruktionen“ sind „alltägliche, vertraute und ständig praktizierte Handlung(en), mit [denen] wir uns untereinander verständigen, wechselseitig an unseren Erfahrungen teilhaben lassen und unser selbst vergewissern“ (Lucius-Hoene/ Deppermann 2002: 20). Wir nutzten Erzählungen, um andere Menschen über Selbsterlebtes zu informieren oder uns selbst daran zu erinnern, wie etwas abgelaufen ist; warum wir in einer bestimmten Situation so handelten, wie wir gehandelt haben, oder warum wir so geworden sind, wie wir jetzt sind (vgl. ebd.: 67). Indem wir erzählen, konfrontieren wir uns aus einer gegenwärtigen Erzählposition heraus mit Geschehenem. Wir versetzten uns in die Zeit des Geschehnisses, an den Ort und die Umstände des Erlebnisses zurück, wobei wir Handlungs- und Erlebnisabläufe rekonstruieren und das Erlebte verlebendigen. Im Erzählen fühlen wir nach, was wir in der Zeit des Geschehnisses fühlten, soweit das Nacherleben im Erinnern verfügbar ist (vgl. ebd.: S. 24 f.).
Die narrative Identität einer Person ist eine im Erzählen geschaffene Form, die alle lebensgeschichtlichen Erfahrungen, wie verschieden sie auch seien mögen, vereint und in eine dynamische, komplexe und zugleich fragile Struktur integriert (vgl. Straub 2019). Sie integriert Differenzen und Widersprüche, unterschiedliche Erfahrungen und erlebte Veränderungen und ist eine sich im Wandel befindene Einheit.
In diesem Seminar werden wir uns mit der Rekonstruktion narrativer Identitäten beschäftigen. Neben theoretischen Zugängen werden wir uns auch mit methodischen und analytischen Zugängen beschäftigen, um narrative Identitäten zu rekonstruieren. Das Seminar beinhaltet also auch praktische Übungen, wie das Erlernen der methodischen Durchführung narrativer Interviews und gewährt erste Einblicke in geeignete Auswertungsmethoden.
Termine:
03.05.24, 10:00-12:00h
13.06.24, 10:00-15:00h
14.06.24, 09:00-12:00h
20.06.24, 10:00-15:00h
21.06.24, 09:00-12:00h
28.06.24, 09:00-13:00h
Voraussetzungen für Studiennachweise / Modulprüfungen:
Die Modulprüfung kann in Modulteil I oder II abgelegt werden. Sie besteht in der Regel aus Referat und Hausarbeit oder mündlicher Prüfung. Die Modulnote ergibt sich aus der Modulprüfung in dem einem Teil, im anderen Teil ist ein unbenoteter Studiennachweis zu erbringen.
- Kursleiter/in: Marie Sophie Bußmann