Die Weibull-Verteilung

Stetige Verteilungen bzw. Verteilungen von stetigen Zufallsvariablen lassen sich durch Dichtefunktionen beschreiben, die oft von einem oder mehreren reellen Parametern abhängen. Verschiedene Parameter können sich unterschiedlich auf die Dichtefunktion auswirken:

Die Weibull-Verteilung \(\text{Wei}(\alpha,\beta)\) (nach Waloddi Weibull, 1887 - 1979) wird beschrieben durch einen Formparameter \(\alpha>0\) und einen inversen Skalenparameter \(\beta>0\). Die Dichtefunktion ist \(f_{\alpha,\beta}:\mathbb{R}\longrightarrow\mathbb{R}\) mit \[f_{\alpha,\beta}(x)=\alpha\beta(\beta x)^{\alpha-1}e^{-(\beta x)^\alpha}\textbf{1}_{(0,\infty)}(x).\]

Sie ist eine Verallgemeinerung der Exponentialverteilung: Eine Exponentialverteilung mit Parameter \(\lambda\) ist eine Weibull-Verteilung mit \(\alpha=1\) und \(\beta=\lambda\), also \(\text{Wei}(1,\lambda)=\text{Exp}(\lambda)\). Die Voreinstellung in der interaktiven Grafik unten zeigt daher die Standardexponentialverteilung \(\text{Exp}(1)\).

Da Lagemaße wie der Erwartungswert und Streuungsmaße wie die Standardabweichung mithilfe der Dichtefunktion berechnet werden können, hängen auch diese direkt von den Parametern ab. Für \(X\sim\text{Wei}(\alpha,\beta)\) ist der Erwartungswert \[\mu_X=\text{E}(X)=\Gamma(1+1/\alpha)/\beta\] und die Standardabweichung ist \[\sigma_X=\sqrt{\text{Var}(X)}=\sqrt{\Gamma(1+2/\alpha)-\Gamma(1+1/\alpha)^2}/\beta.\]

Die Funktion \(f_{\alpha,\beta}\) ist eine Dichtefunktion, denn \(f_{\alpha,\beta}(x)\geq0\) für alle \(x\in\mathbb{R}\) und mit der Substitution \(y=(\beta x)^\alpha\), d.h. \(x=y^{1/\alpha}/\beta\) und \(\text{d}y=\alpha\beta(\beta x)^{\alpha-1}\text{ d}x\), gilt \begin{align*} \int\limits_{-\infty}^\infty f_{\alpha,\beta}(x)\text{ d}x &=\int\limits_0^\infty e^{-(\beta x)^\alpha}\cdot\alpha\beta(\beta x)^{\alpha-1}\text{ d}x\\ &=\int\limits_0^\infty e^{-y}\text{ d}y\\ &=\Bigg[-e^{-y}\Bigg]_{y=0}^\infty\\ &=1. \end{align*} Sei \(X\sim\text{Wei}(\alpha,\beta)\). Wieder mit der Substitution \(y=(\beta x)^\alpha\) ist der Erwartungswert von \(X\) \begin{align*} \text{E}(X) &=\int\limits_{-\infty}^\infty xf_{\alpha,\beta}(x)\text{ d}x\\ &=\int\limits_0^\infty xe^{-(\beta x)^\alpha}\cdot\alpha\beta(\beta x)^{\alpha-1}\text{ d}x\\ &=\int\limits_0^\infty \frac{y^{\frac{1}{\alpha}}}{\beta}e^{-y}\text{ d}y\\ &=\frac{1}{\beta}\int\limits_0^\infty y^{\frac{1}{\alpha}}e^{-y}\text{ d}y\\ &=\frac{1}{\beta}\Gamma\left(1+\frac{1}{\alpha}\right). \end{align*} Mit derselben Substitution ist das zweite Moment von \(X\) \begin{align*} \text{E}(X^2) &=\int\limits_{-\infty}^\infty x^2f_{\alpha,\beta}(x)\text{ d}x\\ &=\int\limits_0^\infty x^2e^{-(\beta x)^\alpha}\cdot\alpha\beta(\beta x)^{\alpha-1}\text{ d}x\\ &=\int\limits_0^\infty\frac{y^{\frac{2}{\alpha}}}{\beta^2}e^{-y}\text{ d}y\\ &=\frac{1}{\beta^2}\int\limits_0^\infty y^{\frac{2}{\alpha}}e^{-y}\text{ d}y\\ &=\frac{1}{\beta^2}\Gamma\left(1+\frac{2}{\alpha}\right). \end{align*} Somit ist die Varianz \begin{align*} \text{Var}(X) &=\text{E}(X^2)-\text{E}(X)^2\\ &=\frac{1}{\beta^2}\Gamma\left(1+\frac{2}{\alpha}\right)-\frac{1}{\beta^2}\Gamma\left(1+\frac{1}{\alpha}\right)^2\\ &=\frac{1}{\beta^2}\left(\Gamma\left(1+\frac{2}{\alpha}\right)-\Gamma\left(1+\frac{1}{\alpha}\right)^2\right) \end{align*} und wir erhalten schließlich die Standardabweichung \(\sigma_X=\sqrt{\text{Var}(X)}=\sqrt{\Gamma(1+2/\alpha)-\Gamma(1+1/\alpha)^2}/\beta\).

Erkunden Sie in der folgenden interaktiven Grafik, wie sich die Parameter der Weibull-Verteilung auf ihre Dichte- und Verteilungsfunktion sowie auf den Erwartungswert und die Standardabweichung auswirken. Außerdem können Sie Intervallwahrscheinlichkeiten und Quantile grafisch berechnen lassen.

Wechseln Sie mit den Radiobuttons zwischen den Ansichten der Funktionsgraphen, Intervallwahrscheinlichkeiten und Quantilen. Blenden Sie mit den Checkboxen die Dichtefunktion (durchgezogene Kurve) bzw. die Verteilungsfunktion (gestrichelte Kurve) ein oder aus. Verändern Sie die Werte der Parameter über die Schieberegler oder die Eingabefelder.



Zum Nachdenken

(a) Stellen Sie in der interaktiven Grafik verschiedene Werte von \(\alpha\) und \(\beta\) ein und beschreiben Sie anhand Ihrer Beobachtungen qualitativ die Abhängigkeit des Erwartungswerts und der Standardabweichung der Weibull-Verteilung von den Parametern \(\alpha\) und \(\beta\).

(b) Beschreiben Sie, wie sich die Parameter \(\alpha\) und \(\beta\) qualitativ auf die Form der Dichtefunktion und der Verteilungsfunktion auswirken.

(a) Der Erwartungswert und die Standardabweichung der Weibull-Verteilung hängen sowohl von \(\alpha\) als auch von \(\beta\) ab. Beide sind streng monoton fallend in \(\beta\). Beim Erwartungswert ist keine monotone Abhängigkeit von \(\alpha\) zu erkennen, jedoch wird je nach eingestelltem Wert von \(\beta\) ein minimaler Erwartungswert erreicht. Bei der Standardabweichung besteht eine monoton fallende Abhängigkeit von \(\alpha\).

(b) Der Formparameter \(\alpha\) bestimmt die allgemeine Gestalt der Funktionsgraphen. Für \(\alpha\in(1,\infty)\) hat die Dichtefunktion einen Hochpunkt und die Verteilungsfunktion einen Wendepunkt, die sich mit steigendem \(\alpha\) immer langsamer nach rechts verschieben und sich scheinbar einem Grenzwert annähern. Für \(\alpha\in(0,1]\) hingegen besitzt die Dichtefunktion keinen Hochpunkt und die Verteilungsfunktion besitzt keinen Wendepunkt. Dabei ist die Dichtefunktion für \(\alpha=1\) beschränkt und für \(\alpha\in(0,1)\) unbeschränkt. Der inverse Skalenparameter \(\beta\) bestimmt die Breite der Funktionsgraphen. Je größer bzw. kleiner der Wert von \(\beta\), desto steiler bzw. flacher sind die Funktionsgraphen.