Smith-Diagramm

 

Das Smith-Diagramm

Das Smith-Diagramm (auch Leitungsdiagramm zweiter Art oder Smith-Chart genannt) ist ein graphisches Hilfsmittel zur Lösung von Mess- und Transformationsaufgaben auf dem Gebiet der Hochfrequenztechnik.
Bei dem Smith-Diagramm handelt es sich um die konforme Abbildung der Impedanzen passiver Zweitore in der Reflexionsfaktor-Ebene. Dieser Abbildung liegt der folgende Zusammenhang zugrunde:


$$ r=\displaystyle\frac{\underline{Z}-Z_{\rm L}}{\underline{Z}+Z_{\rm L}}=\displaystyle\frac{\displaystyle\frac{\underline{Z}}{Z_{\rm L}}-1}{\displaystyle\frac{\underline{Z}}{Z_{\rm L}}+1}= \displaystyle\frac{\underline{z}-1}{\underline{z}+1} \qquad{\rm mit} \qquad
\underline{z}=\displaystyle\frac{\underline{Z}}{Z_{\rm L}}\qquad (1)$$

Graphisch wird durch diesen Zusammenhang die positive Halbebene der z-Ebene, die alle passiven Impedanzen enthält, in den Einheitskreis in der r-Ebene abgebildet, wie Abb. 1 zeigt.


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Abb. 1: Abbildung aller passiven Impedanzen im Einheitskreis in der r-Ebene

Hierbei wird die reelle Achse der z-Ebene ( 0 ≤ Re{<span style="text-decoration:underline;">z</span>} ≤ ∞ ) auf der reellen Achse innerhalb des Einheitskreises in der r-Ebene ( -1 ≤ Re{<span style="text-decoration:underline;">r</span>} ≤ +1) abgebildet. Somit sind alle Reflexionsfaktoren von reellen passiven Impedanzen, wie z. B. Kurzschluss ( Z = 0 $$ \rightarrow $$  r = -1), Anpassung ( Z = ZL $$ \rightarrow $$  r = 0 ) und Leerlauf ( Z $$ \rightarrow $$ ∞ $$ \rightarrow $$  r = 1 ) auf der reellen Achse innerhalb des Einheitskreises zu finden.


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Abb. 2: Abbildung der reellen Achse

Impedanzen mit konstantem Realteil stellen in der z-Ebene Parallelen zur imaginären Achse dar. Durch die konforme Abbildung werden diese Geraden in Kreise innerhalb des Einheitskreises in der r-Ebene transformiert, wie in Abb. 3 dargestellt ist.


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Abb. 3: Abbildung von Impedanzen mit konstantem Realteil

Impedanzen mit konstantem Imaginärteil, also Parallelen zur reellen Achse in der z-Ebene, werden in der r-Ebene ebenfalls als Kreise abgebildet. Diese Kreise schneiden alle den Punkt r=1 und ihre Mittelpunkte befinden sich auf eine Achse parallel zur imaginären Achse durch den Punkt r=1.

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Abb. 4: Abbildung von Impedanzen mit konstantem Imaginärteil

Das Smith-Diagramm ist also die graphische Darstellung der komplexen Reflexionsfaktoren von passiven Impedanzen, d. h. der Einheitskreis in der r-Ebene. Um die Arbeit mit dem Smith-Diagramm möglichst einfach zu gestalten, sind in dem Smith-Diagramm bereits Hilfslinien für Impedanzen mit konstantem Real- oder Imaginärteil eingezeichnet. Häufig wird hier das "Black Magic Design" verwendet, das in Abb. 5 dargestellt ist.


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Abb. 5: Smith-Diagramm im Black Magic Design (Für eine größere Darstellung hier klicken)

Dieses Diagramm enthält weitere Hilfsmittel, die bei der Bestimmung von Reflexionsfaktoren und bei der Analyse und Synthese von Netzwerken vorteilhaft. Auf diese weiteren Hilfsmittel und die Verwendung des Smith-Diagramms zur Analyse bzw. Synthese von Netzwerken wird im Folgenden detaillierter eingegangen.

Analyse und Synthese von Netzwerken


Das Smith-Diagramm wird häufig für den Entwurf von Anpassschaltungen sowie zur Analyse von Netzwerken oder zum Entwurf von Antennen eingesetzt. Ausgangspunkt hierfür ist meist ein Zweidraht-Ersatzschaltbild. Im Folgenden wird dargestellt, wie Impedanzen und Leitungen im Smithdiagramm dargestellt werden und wie Reflexionsfaktoren im Smith-Diagramm abgelesen werden. Weiterhin wird im Folgenden auf die Kennzeichnung komplexer Impedanzen, Admittanzen und Reflexionsfaktoren durch Unterstreichen verzichtet. Impedanzen, Admittanzen und Reflexionsfaktoren sind im Allgemeinen komplex mit Z=R+jX , Y= G+jB und r= Re {r}j+ jIm{r} anzunehmen.

Impedanz einzeichnen

Um den Reflexionsfaktor einer komplexen Impedanz im Smithchart einzuzeichnen, wird die Impedanz zunächst auf den Bezugswiderstand ZL normiert. Anschließend wird im Smith-Diagramm der Schnittpunkt des entsprechenden Real- und Imaginärteils gesucht, der dem Reflexionsfaktor der Impedanz entspricht. Positive Imaginärteile, also Impedanzen mit induktivem Anteil sind in der oberen Halbebene des Smith-Diagramms zu finden (INDUKTIVE REACTANCE COMPONENT) und Kapazitäten (CAPACITIVE REACTANCE COMPONENT), also negative Imaginärteile in der unteren Halbebene. Als Beispiel wird hier die komplexe Impedanz  Z1=(30+j70) Ω, also eine Serienschaltung aus einer Induktivität und einem ohmschen Widerstand, mit einem Bezugswiderstand von ZL=50 Ω betrachtet. Abb. 6 ziegt das betrachtete Netzwerk mit der Eingangsimpedanz  Z1 .

bsp1
Abb. 6: Ersatzschaltbild für Z1


1. Normierung:

$$ \displaystyle\frac{Z}{Z_{\rm L}}=\frac{30}{50}+j\,\frac{70}{50}=0.6+j1.4 $$

2. Einzeichnen: Schnittpunkt : Re $$ \rightarrow $$ 0.6 und Im $$ \rightarrow $$ 1.4


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Abb. 7: Z1 im Smith-Diagramm


Reflexionsfaktor ablesen

Um den Reflexionsfaktor abzulesen, wird der Betrag |r| bestimmt, indem der Abstand der eingezeichneten Impedanz vom Ursprung ( Z=ZL ) bestimmt wird. Diese Länge wird dann auf der Skala "REFL. COEFF, E or I" unterhalb des Smith-Diagramms aufgetragen und dort der Wert für |r| abgelesen. Der Winkel φ des Reflexionsfaktors wird bezogen auf die reelle Achse abgelesen und kann mit Hilfe der Winkelangaben an Rand des Smith-Diagramms bestimmt werden.

1. Betrag: Länge des Vektors auf Skala auftragen

$$ \rightarrow\qquad{\rm  ablesen}\qquad  \rightarrow $$ |r|= 0,685

2. Phase: Winkel zwischen Vektor und reeller Achse messen

$$ \rightarrow\quad \varphi=64,75^\circ $$

3. Reflexionsfaktor bestimmen:

$$ \underline{r}=|\underline{r}|\cdot e^{\displaystyle j\varphi}=0,685\cdot e^{\displaystyle j64,75^\circ} = 0,29+j\cdot 0,62 $$

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Abb. 8: Ablesen des Reflexionsfaktors

Reihenschaltung von Impedanzen


Sind verschiedene Impedanzen in Reihe geschaltet, so kann die zugehörige Eingangsimpedanz durch Addition im Smith-Diagramm bestimmt werden. Im folgenden Beispiel wird zu der bereits vorhandenen Impedanz Z1 =(30+j70) Ω eine weitere Impedanz Z2=(40-j35) Ω in Reihe geschaltet. Die Bezugsimpedanz beträgt weiterhin ZL=50 Ω .Das zugehörige Ersatzschaltbild ist in Abb. 9 dargestellt.

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Abb. 9: Ersatzschaltbild für die Reihenschaltung  Z1 + Z2

Der Punkt für den Reflexionsfaktor von Z1 ist bereits im Smith-Diagramm eingezeichnet. Um nun die in Reihe geschaltete Impedanz zu addieren, muss diese zunächst auf den Bezugswiderstand ZL normiert werden. Anschließend werden Real- und Imaginärteil der normierten Impedanz zu Z1 addiert. Der resultierende Punkt im Smith-Diagramm stellt den Reflexionsfaktor für den Eingangswiderstand des Netzwerks, in diesem Fall Z1+Z2  dar.

1. Normierung von  Z2 :

$$ \displaystyle\frac{Z_2}{Z_{\rm L}}=\frac{40}{50}-j\,\frac{35}{50}=0.8-j\,0.7 $$

2. Addition im Smitch-Diagramm: Imaginärteil -0.7 und Realteil +0.8

3. Eingangswiderstand ablesen:

$$ \displaystyle\frac{Z_{\rm E}}{Z_{\rm L}}=1.4+j\,0.7\,\,\rightarrow\,\,Z_{\rm E}=(70+j\,35)\,\Omega $$


sc_BSP2
Abb. 10: Reihenschaltung im Smith-Diagramm

Eine einfache Reihenschaltung von Impedanzen kann auch numerisch berechnet und anschließend im Smith-Chart eingetragen werden, bei komplexeren Strukturen ist das Smith-Diagramm allerdings sehr hilfreich.

Parallelschaltung von Impedanzen

Um Parallelschaltungen von Impedanzen im Smith-Diagramm einzuzeichnen, müssen hier Admittanzen addiert werden:
$$ Z_1||Z_3=\displaystyle\frac{1}{Z_1}+\displaystyle\frac{1}{Z_3}=Y_1+Y_3 $$
Im dem folgenden Beispiel wird zu der bereits vorhandenen Impedanz Z1 eine Impedanz Z3 = (40-j20) Ω parallel geschaltet, wie in Abb. 11 dargestellt ist.

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Abb. 11: Parallelschaltung von Z1 und Z3

Eine im Smithchart eingezeichnete Impedanz wird durch eine Spiegelung im Koordinatenursprung (r=0) in eine Admittanz umgewandelt. Dadurch werden die Halbebenen für die Imaginärteile ebenfalls gespiegelt. Der Imaginärteil einer Admittanz mit induktivem Anteil ist daher in der unteren Halbebene zu finden (INDUKTIVE SUSCEPTANCE) und kapazitive Anteile erzeugen bei Admittanzen einen positiven Imaginärteil (CAPACITIVE SUSCEPTANCE). Abb. 12 zeigt diese Umwandlung für die Impedanz Z1 .

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Abb. 12: Spiegelung im Ursprung führt von der Impedanz zur Admittanz

Zu der nun im Smith-Diagramm gekennzeichneten Admittanz Y1 kann die Admittanz Y3 addiert werden, um die Eingangsadmittanz der Parallelschaltung zu bestimmen.
Um anschließend die Eingangsimpedanz des Netzwerks zu bestimmen oder weitere in Reihe geschaltete Komponenten hinzu zu fügen, ist eine erneute Spiegelung im Ursprung notwendig. Dadurch wird die Admittanz wieder in eine Impedanz überführt. Dementsprechend ergeben sich die folgenden Schritte:

1. Normierung von Y3:

$$ Y_3\cdot Z_{\rm L}=(0.02+j\,0.01)\,{\rm S}\cdot 50\,\Omega=1+j\,0.5 $$

2. Real- und Imaginärteil von  Y3 im Smith-Diagramm zu Y1 addieren.

3. Resultierenden Punkt für die Admittanz  Y1+Y3  im Urpsrung spiegeln.

4. Eingangsimpedanz  ZE = Z1 || Z3 der Parallelschaltung ablesen:

$$ \displaystyle\frac{Z_{\rm E}}{Z_{\rm L}}=0.8+j\,0.065\,\,\rightarrow\,\, Z_{\rm E}=(40+j\,3.25)\,\Omega $$


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Abb. 13: Parallelschaltung im Smith-Diagramm

Einfluss von Leitungen

Der Einfluss von Leitungen auf ein Netzwerk und dessen Eingangswiderstand kann ebenfalls mit Hilfe des Smith-Diagramms bestimmt werden. Eine angepasste verlustfreie Leitung in einem Netzwerk (siehe Abb. 14) verursacht eine Phasendrehung des Reflexionsfaktors am Eingang.

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Abb. 14: Angepasste, verlustfreie Leitung in einem Netzwerk

Eine Leitungslänge von l = λ/2 entspricht hierbei einer sogenannten Autotransformation, d. h. die Impedanz am Ende der Leitung und die Eingangsimpedanz und die entsprechenden Reflexionsfaktoren sind identisch. Diese Autotransformation entspricht im Smith-Diagramm einer Drehung um 360°. Eine weitere bekannte Transformation ist die Dualtransformation, bei der die Leitungslänge gerade einem Viertel der Wellenlänge entspricht. Daher wird eine λ/4 lange Leitung auch als λ/4 - Transformator bezeichnet. Durch die Dualtransformation werden Kurzschlüsse in Leerläufe transformiert und umgekehrt. Abb. 15 zeigt die Dualtransformation im Smith-Diagramm.

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Abb. 15: Dualtransformation im Smith-Diagramm

Am Rand des Smith-Diagramms sind zwei Skalen vorhanden, die die Phasendrehung durch Leitungen darstellen. Die Skala "WAVELENGTH TOWARD GENERATOR" ist dazu geeignet, Abschlussimpedanzen mit einer Leitung in Richtung der Quelle zu transformieren. Die zweite Skala "WAVELENGTH TOWARD LOAD" dient zur Transformation eines Eingangswiderstandes an das Ende einer Leitung. Diese beiden Skalen enthalten die Bruchteile der Leitungslänge l bezogen auf die jeweilige Wellenlänge λ im Wertebereich  0 ≤ l/λ ≤ 0,5 , die der elektrischen Länge der Leitung entsprechen.
Das folgende Beispiel soll den Einfluss von angepassten verlustlosen Leitungen auf den Eingangswiderstand eines Netzwerks noch einmal verdeutlichen. Hier wird eine luftgefüllte Leitung mit dem Wellenwiderstand ZL und der mechanischen Länge l = 3 cm mit der Impedanz Z1 abgeschlossen. Dieses Netzwerk wird bei einer Frequenz 1,25 GHz betrachtet. Bei einer luftgefüllten Leitung ( εr=1 ) entspricht dies einer Wellenlänge vonλ = 24 cm. Abb. 16 zeigt ein Ersatzschaltbild dieses Netzwerks.

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Abb. 16: Angepasste, verlustlose Leitung abgeschlossen mit $$ Z_1 $$

Um die Phasendrehung durch die Leitung im Smith-Diagramm darzustellen, muss zunächst die Leitungslänge auf die jeweilige Wellenlänge bezogen werden. Mit diesem Wert wird dann der Vektor des Reflexionsfaktors in der gewünschten Richtung (LOAD/GENERATOR) um den Ursprung gedreht. Daraus ergibt sich dann der entsprechende Ausgangs-/Eingangs-Reflexionsfaktor. Hierbei werden die folgenden Schritte durchgeführt:

1. Bestimmung der Leitungslänge bezogen auf die Wellenlänge:

$$ \displaystyle\frac{l}{\lambda}=\frac{3\,{\rm cm}}{24\,{\rm cm}}=0,125 $$

2. Drehrichtung bestimmen: Hier vom Ausgang zum Eingang, also " TOWARD GENERATOR"

3. Um den entsprechenden Wert drehen, hier λ/8, also um den Wert 0,125

4. Neue Impedanz ablesen: hier die Eingangsimpedanz

$$ \displaystyle\frac{Z_{\rm E}}{Z_{\rm L}}=2,3-j\,2,54\,\,\rightarrow\,\,Z_{\rm E}=(115-j\,127)\,\Omega $$

Diese Vorgehensweise ist in dem Smith-Diagramm in Abb. 17 dargestellt.

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Abb. 17: Drehung durch Leitung im Smith-Diagramm

Literatur

 

  • O. Zinke, H. Brunswig, "Hochfrequenztechnik 1: Hochfrequenzfilter, Leitungen, Antennen" , Springer-Verlag. 1999 (www.springer.com)
  • F. Gustrau, "Hochfrequenztechnik - Grundlagen der mobilen Kommunikationstechnik", Carl Hanser Verlag, 2011 (www.hanser-fachbuch.de)
  • M. H. W. Hoffmann, "Hochfrequenztechnik: Ein systemtheoretischer Zugang", Springer- Verlag, 1997 (www.springer-vieweg.de)