Zeitsignale auf Leitungen

Einleitung

In der Hochfrequenztechnik dienen Leitungselemente als Werkzeug zur Signalübertragung. Die Analyse von Leitungen kann, je nach betrachtetem Signal, variieren.  Periodische Signale werden mithilfe von Fourierreihenentwicklungen beschrieben. Allgemein können Signale auch durch die Fouriertransformation beschrieben werden, da es sich bei Leitungen um lineare Systeme handelt. In der Digitaltechnik kommen aber zumeist bestimmte Signalformen vor, welche auch im Zeitbereich analysiert werden können. Im Folgenden wird hier auf die Sprungfunktion eingegangen.

 

Sprungfunktion

Bei der Sprungfunktion u(t) (englisch: unit step function) handelt es sich um ein Signal (siehe Abbildung 1), welches den Wert Null bis zum Zeitpunkt t < 0 aufweißt. Sobald t > 0 ist, nimmt es den Wert Eins an. Zum Zeitpunkt t=0 entspricht der Wert 0,5. Der Zeitpunkt t = 0 wird im Weiteren nicht näher betrachtet, da es in der technischen Realisierung eher auf die Zeitpunkte t < 0 und t > 0 ankommt und der Grenzfall t=0 nicht messbar ist.

Sprungantwort

Abb.1: Sprungfunktion u(t)

 

Versuchsaufbau

Im Folgendem werden die Signalverläufe mithilfe folgender Schaltung erläutert:

Versuchsaufbau

Abb.2: Versuchsaufbau

 

 

Angepasste Quelle und angepasster Abschluss

Zunächst wird der Fall der Anpassung untersucht, hierbei haben R0, RL und ZL den gleichen Wert. Nun wird die Sprungfunktion eingespeist. Somit ergibt sich am Anfang der Leitung bei  t > 0 U0/2 aufgrund der Spannungsteileregel

$$ U_{in}= \frac{R_L}{R_0+R_L} (1) $$

 

Durch die geometrischen Länge der Leitung ergibt sich eine Verzögerungszeit tD (Delay) bis das Signal ans Ende der Leitung übertragen wird. Diese Verzögerungszeit ergibt sich zu:

$$ t_D=\frac{l}{c}=\frac{l \cdot \sqrt{\varepsilon}}{c_0} (2)$$

 

Aufgrund der Anpassung tritt am Ausgang der Leitung keine Reflexion auf.

 Angepasste Quelle und Last

Abb. 3: Zeitsignal bei angepasster Quelle und Last

 

Angepasste Quelle und fehlangepasster Abschluss

Nach dem Spezialfall der Anpassung wird nun der allgemeinere Fall der Fehlanpassung betrachtet. Zunächst sei der reelle Abschlusswiderstand fehlangepasst RL ungleich ZL. Somit ergibt sich am Ende der Leitung eine Reflexion:

$$ r_{out}= \frac{RL-ZL}{ RL+ZL}(2) $$

Wie aus Formel 2 ersichtlich wird, wird der Reflexionsfaktor negativ sobald RL < ZL und positiv sobald RL > ZL. Am Ende der Leitung ergeben sich Reflexionen mit einer Phasendifferenz (negativer Reflexionsfaktor) und somit eine destruktive Überlagerung. Falls es zu keiner Phasendifferenz (positiver Reflexionsfaktor) kommt, ergibt sich eine konstruktive Überlagerung.

Die Überlagerung von hinlaufender und reflektierter Welle ergibt, per Superposition, die Ausgangsspannung (siehe Abb. 4).

Bei 2 tD erreicht die Reflexion am Ende der Leitung den Eingang und ergibt sich eine neue Eingangsspannung gemäß der Spannungsteilerregel (siehe Formel 1)

Angepasste Quelle und fehlangepasste Last

Abb.4: Zeitsignal bei angepasster Quelle und fehlangepasster Last

 

 

Angepasste Quelle bei einem Kurzschluss bzw. Leerlauf

Dieser Fall verhält sich bis zum Zeitpunkt tD, bis das Signal den Abschluss erreicht, analog zum vorherigen Fall. Somit fällt aufgrund des Spannungsteilers am Eingang Uin=  U0/2 ab.

Bei einem Kurzschluss wird das Signal mit einer Phasendifferenz komplett reflektiert und somit bleibt die Ausgangsspannung Uout=0V. Das reflektierte Signal ergibt nach 2 tD am Ausgang eine destruktive Überlagerung (r=-1) somit wird auch die Spannung am Eingang zu Uin=0V.

Beim Leerlauf wird das Signal ohne eine Phasendifferenz reflektiert somit ergibt sich: Uout=U0. Nach 2 tD entsteht am Eingang eine konstruktive Überlagerung (r=1) somit werden Uin= Uout=U0.

Kurzschluss und Leerlauf

Abb.4: Zeitsignal bei angepasster Quelle und Leerlauf bzw. Kurzschluss

 

 

Angepasste Quelle und fehlangepasster induktivem bzw. kapazitiver Abschluss

Dieser Fall verhält sich bis zum Zeitpunkt tD, bis das Signal den Abschluss erreicht, analog zu den vorherigen Fällen. Somit fällt aufgrund des Spannungsteilers am Eingang Uin=  U0/2 ab.

Sobald der reaktive Abschluss erreicht wird, treten die Eigenschaften von der Induktivität und der Kapazität auf.

 

Kapazität:

$$ u_C(t)= U_0 (1- e^{\frac{t}{\tau}}) = \begin{cases} t=0 & u_C(t)=0 \\ t\rightarrow \infty & u_C(t)= U_0 \\ \end{cases}$$

 

Induktivität:

$$ u_L(t)= -U_0 \cdot e^{-\frac{t}{\tau}} = \begin{cases} t=0 & u_L(t)=U_0 \\ t\rightarrow \infty & u_C(t)= 0 \\ \end{cases}$$

 

Somit ergeben sich folgende Spannungsverläufe:

Reaktiver Abschluss

Abb.5: Zeitsignal bei angepasster Quelle und fehlangepasstem induktivem bzw. kapazitivem Abschluss

 Die bisher vorgestellten Fälle lassen sich beliebig kombinieren. Hierbei entstehen Mischformen der einzelnen Mechanismen.

 

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wurden verschiedene Spannungsverläufe auf Leitungen beschrieben. Auf Leitungen findet in der Hochfrequenztechnik eine Überlagerung der hin- und rücklaufenden Spannungswellen statt. Je nach Abschluss der Leitung können diese Überlagerungen verschiedenste Formen annehmen.


In der Hochfrequenztechnik spielt die Laufzeit der Welle eine immer wichtigere Rolle. Mit der Laufzeit kann zum Beispiel festgestellt werden, an welchen Positionen Medienübergänge stattfinden.

Weitere Ausführungen und Erweiterungen zu dieser Thematik ist der Quelle zu entnehmen.

 

Quelle

Frank Gustrau: Hochfrequenztechnik- Grundlagen der mobilen Kommunikationstechnik. Hanser, 2011, Kapitel 3