Sonntag, 30. Juni 2024, 18:25
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Kurs: Grundkurs Neuere Deutsche Literaturwissenschaft (Kleinwort) (Grundkurs Neuere Deutsche Literaturwissenschaft (Kleinwort))
Glossar: Edition
A

Apparat

Ein Apparat verzeichnet und umfasst die für eine Ausgabe relevanten Zusatzinformationen zu einem editierten Text, beispielsweise die Beschreibung aller Textträger, die Entstehungsgeschichte oder Varianten. Der Einzelstellenapparat stellt die Abweichung zwischen Briefen, Abschriften oder verschiedenen Drucken dar, während die Korrekturen bei einem Einblendungsapperat in fortlaufendem Text aufgezeigt werden. Ein Treppenapparat zeigt die Chronologie der Korrektur des Autors an, während die unterschiedlichen Varianten eines Werkes bei dem synoptischen Apparat parallel zueinander aufgezeigt werden.

 


Ausgabe

Eine Ausgabe bezeichnet die veröffentlichte Edition eines Werkes. Es gibt verschiedene Ausgaben: Die Studienausgabe mit einem vergleichsweise schmalen Apparat ist im Normalfall für das wissenschaftliche Arbeiten geeignet, eine bloße Textausgabe enthält keinen Apparat, als Ausgabe letzter Hand wird die letzte vom Autor autorisierte Ausgabe eines Werkes bezeichnet. Am besten für das wissenschaftliche Arbeiten ist die historisch-kritische Ausgabe geeignet, die ausführlich über Varianten, Fassungen und Entstehungsgeschichte informiert.

Autor

Ein Autor (lateinisch auctor ‚Urheber‘, ‚Schöpfer‘, ‚Förderer‘, ‚Veranlasser‘) ist der Verfasser oder geistige Urheber eines sprachlichen Werkes. Erst seit dem Ende des 18. Jahrhunderts gibt es den Begriff des Autors als Schriftsteller, der mit seinem Werk Geld verdient und der sein Werk als sein Eigentum betrachtet. Im 20.Jahrhundert wird die Funktion und Bedeutung des Autors von Roland Barthes oder Michel Foucault grundsätzlich in Frage gestellt.

E

Editionsphilologie

Die Edittionsphilologie ist ein Teilbereich der Germanistik und beschäftigt sich mit Textgeschichte und Textkritik.

Emendation

von lat. emendatio = "Verbesserung", ist die Korrektur offensichtlicher Schreib-, Druck- oder Setzfehler.

F

Fassung

Eine Fassung ist ein Text, der aufgrund einer im besten Fall gut begründeten editorischen Interpretation mit mindestens einem anderen Text in einem direkten Entstehungszusammenhang betrachtet wird und sich von dem anderen bzw. den anderen Texten (oder Fassungen) aus dem behaupteten Entstehungszusammenhang unterscheidet.

H

Heuristik

Die Heuristik bezeichnet ein Vorgehen, bei welchem durch die naheliegendsten bzw. logischsten Schlussfolgerungen, ohne umfassende Kenntnis über das System, das dem Untersuchungsgegenstand zu Grunde liegt, Aussagen getroffen werden.


K

Kanon

ist ein diskussionswürdiger Fundus von ausgewählten Musterwerken, die als unverzichtbar für kulturelle Bildung eingeschätzt werden.

Karton

Ein Karton ist eine nachträgliche Änderung oder Korrektur nach dem Erstdruck und der Bindung.

Konjektur

Wenn kein eindeutiges Lesen möglich ist, macht der Herausgeber Vermutungen (lat. Wort coniectura). Er ersetzt die verderbten Stellen durch ein mögliches passendes Wort, um so einen vollständigen Text zu entwerfen, der stimmig gelesen werden kann.

Korruptele

Unter einer Korruptele versteht man in der Textkritik eine verderbte Stelle. Diese Stelle in einem Text ist nicht mehr leserlich, sodass das ursprüngliche Wort nicht mehr entziffert werden kann. Sie wird deshalb mit einem Kreuz (lat. Crux) markiert. 

P

Paralipomenon

Paralipomena sind Nachträge und Zusätze zu einem Text.

R

Recensio

Eine  Recensio (lat. recensio, Musterung‘) untersucht und dokumentiert den Entstehungsprozess eines Textes.

S

Stemma

Ein Stemma ist der „Stammbaum“ eines Textes, es werden  alle Varianten eines Textes chronologisch und nach Abhängigkeit sortiert und zugeordnet.


T

Text

Der Text ist ein Geflecht (lat. textus „Gewebe“, „Geflecht“) aus Wörtern, die in Zusammenhang stehen. Man unterscheidet vier Funktionen des literarischen Textes: 1. die referenzielle Funktion (der Text bezieht sich zwar auf die Wirklichkeit, stellt aber eine fiktive Welt dar), 2. die expressive Funktion (der Autor bringt Stimmungen oder Gefühle ein oder lässt seine Einbildungskraft produktiv werden), 3. die appellative Funktion (der Text nimmt engagiert Stellung zu politischen oder moralischen Fragen), 4. die ästhetische Funktion (der Text bezieht sich auf seine sprachliche Verfasstheit).

Textkritik

Die Textkritik befasst sich mit dem Bewerten von Überlieferungsträgern und der Erschließung von nicht mehr erhaltenen Texten.

Transkription

ist die genaue Abschrift eines vorliegenden Textes.

V

Variante

Eine Variante ist eine Version eines Textes (Films, Bildes...), welche zwar Änderungen im Text oder allgemeine Unterschiede in der Form, Übertragung oder Handschrift aufweisen kann (z.B. Satzumstellungen, Namensänderung von Protagonisten, Rechtschreibung...), das Original jedoch noch eindeutig erkennbar bleibt.


W

Werk

Ein Werk ist ein Produkt schöpferischer Arbeit und auch oft die Gesamtheit dessen, was jemand in schöpferischer Arbeit hervorgebracht hat.

Z

Zeugnis

Ein Textzeugnis ist ein wichtiges Dokument, um die Entstehungsgeschichte nachzuvollziehen, zum Beispiel Vorstudien, Briefe, Quellenexzerpte, Schemata oder Tagebuchnotizen.