Wissensspeicher Digital HISTO NRW | Teilprojekt HS Gesundheit

4. Nervensystem

4.2. Vertiefung: ZNS


Zentrales Nervensystem (ZNS)

Das zentrale Nervensystem besteht aus Gehirn und Rückenmark. Die meisten Strukturen des ZNS lassen sich weiter in die graue und weiße Substanz untergliedern. Die graue Substanz (Substantia grisea) des ZNS besteht hauptsächlich aus den Perikarya der Nervenzellen und nicht-myelinisierten Axonen. Im Gehirn ist sie außenliegend und umgibt als Rinde (Cortex) die weiße Substanz. Im Rückenmark ist sie als zentrale schmetterlingsförmige Struktur innenliegend und wird von weißer Substanz umgeben. Die weiße Substanz (Substantia alba) des ZNS besteht überwiegend aus myeliniserten Axonen. 

Merke: Aufgrund der hohen Dichte an Nervenzellkörpern und nicht-myelinisierten Axonen erscheint die graue Substanz mikroskopisch betrachtet, bei mit Formalin fixiertem Gewebe, grau und trägt daher ihren Namen. Die weiße Substanz hingegen erscheint aufgrund ihres lipidhaltigen Myelins mikroskopisch betrachtet weiß.


Gehirn

Das Gehirn lässt sich zunächst in vier größere Bereiche einteilen:

  • Großhirn (Telencephalon)
  • Zwischenhirn (Diencephalon)
  • Kleinhirn (Cerebellum)
  • Hirnstamm; bestehend aus Mittelhirn (Mesencephalon), Brücke (Pons) und verlängertem Mark (Medulla oblongata)

Die graue Substanz bedeckt als Rinde das Großhirn (Cortex cerebri) und das Kleinhirn (Cortex cerebelli).

Phylogenetisch (phýlon = altgriechisch; deutsch „Stamm“ und génesis = altgriechisch; deutsch „Ursprung“) wird der Cortex cerebri in Schichten gegliedert:

  • Isokortex (ca. 95% des Kortex)
    • Basierend auf Form und Größe der Perikarya sowie deren Anordnung und dichte werden 6 horizontal angeordnete Schichten (Laminae) differenziert, die über Fortsätze der Nervenzellen funktionell vertikal miteinander verbunden sind (siehe >Rindenfelder):
  1. Molekularschicht = zellarm, d.h. wenig Perikarya, zahlreiche Nervenfasern
  2. Äußere Körnerschicht = dicht angeordnete kleine Pyramidenzellen und Nicht- Pyramidenzellen
  3. Äußere Pyramidenschicht= locker angeordnete kleine bis mittlere Pyramidenzellen
  4. Innere Körnerschicht= dicht angeordnete kleine Pyramidenzellen
  5. Innere Pyramidenschicht= locker angeordnete Pyramidenzellen unterschiedlichster Größe
  6. Multiforme Schicht= diverse Zellen (Pyramidenzellen und Nicht- Pyramidenzellen)

  • Allokortex (3-schichtig)
    • Im Allokortex werden 3 Schichten unterschieden, wobei eine zellreiche Schicht (Pyramidenzellen oder Körnerzellen) zwischen zwei zellarmen Schichten liegt. Am Beispiel des Hippocampus sind diese 3 Schichten (siehe Abb. 4.3.1.):
  1. Molekularschicht = Dendriten der Körnerzellen
  2. Körnerzellschicht = Perikarya der Körnerzellen
  3. Polymorphe Schicht = durchzogen von Axonen der Körnerzellen

Abbildung 4.2.1. Schichten des Allocortex des Hippocampus

Abbildung 4.3.1. Allokortex am Beispiel des Hippocampus (Mensch). 1) Molekularschicht 2) Körnerzellschicht 3) Polymorphe Schicht. Bild im virtuellen Mikroskop betrachten. 


Der Cortex cerebelli ist, ähnlich dem Allokortex, ebenfalls in 3 Schichten gegliedert (siehe Abb. 4.3.2.):

  1. Molekularschicht
  2. Purkinje-Zellschicht
  3. Körnerzellschicht

Abbildung 4.2.2. Schichten der Kleinhirnrinde
Abbildung 4.3.2. Kleinhirnrinde (Cortex cerebelli; Mensch) mit den Schichten 1) Molekularschicht 2) Purkinje-Zellschicht 3) Körnerzellschicht. Bild im virtuellen Mikroskop betrachten.


Graue Substanz findet sich zudem auch in der Tiefe des Großhirns, in den sog. Kerngebieten (z.B. Basalganglien) sowie im Hirnstamm.

Unter der grauen Substanz des Großhirn liegt die weiße Substanz. Sie besteht aus den Nervenfasern (Axonen) der Neurone der grauen Substanz und bildet in ihrer Gesamtheit das Marklager (Großhirnmark).

Rückenmark

Das Rückenmark stellt funktionell die Verbindung zwischen Körperperipherie und Gehirn dar. Die Lage der grauen und weißen Substanz verhält sich in Gehirn und Rückenmark entgegengesetzt zueinander, d.h. im Rückenmark ist die graue Substanz innen liegend und wird von der weißen Substanz umschlossen. Die Axone der Nervenzellen treten gebündelt als Vorder- oder Hinterwurzel segmentweiße aus dem Rückenmark aus und vereinigen sich zum Spinalnerv. Die Austrittspunkte der Axone aus dem Wirbelkanal heißen Foramen intervertebrale. Basierend auf den Austrittspunkten wird das Rückenmark in 31 Segmente untergliedert.

Graue Substanz

  • Schmetterlings- bzw. H-förmige Struktur
  • Innenliegend, um den mit Liquor gefüllten Zentralkanal herum
  • Unterteilt in Vorderhorn (cornu anterius), Seitenhorn (cornu laterale) und Hinterhorn (cornu posterior) (siehe Abb. 4.3.3.)
  • Bestandteile: hauptsächlich Perikarya von Nervenzellen
  • Je nach Ziel der Axone der Nervenzellen werden 3 Nervenzellgruppen untergliedert:
    • „Wurzelzellen“ = Motorisch efferente Zellen, Motoneurone
    • „Strangzellen“ = sensorisch afferente Zellen, sensorische Neurone
    • „Schaltzellen“ = Interneurone

Weiße Substanz

  • Umschließt die graue Substanz
  • Unterteilt in Vorderstrang (Funiculus anterior), Seitenstrang (Funiculus medius) und Hinterstrang (Funiculus posterior) (siehe Abb. 4.3.3.)
  • Bestandteile: hauptsächlich Axone (überwiegend myelinisiert), Zellkerne autochtoner Gliazellen, Astroglia und Mikroglia. Enthält keine Neurone.

Abbildung Rückenmark
Abbildung 4.3.3. Rückenmark (Katze) mit schmetterlingsförmiger, innenliegender grauer Substanz und umliegender weißer Substanz. Bild im virtuellen Mikroskop betrachten.